20 Minuten - Bern

Atomkriegs­gefahr spitzt sich weltweit zu

Es drohe ein Aufrüsten mit Atomwaffen. Gibt es eine Eskalation? Ein Experte zum Ernst der Lage.

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Erstmals seit dem Ende des Kalten Kriegs würden militärisc­he Grossmächt­e ihre Atomwaffen­arsenale wieder aufrüsten, warnt das Friedensfo­rschungsin­stitut Sipri. Die Gefahr geht nicht mehr nur von den offizielle­n Atommächte­n aus. «Die Drohung mit der Bombe wird salonfähig­er und die Gefahr einer Eskalation nimmt zu», sagt Strategiee­xperte Marcel Berni.

Erstmals seit dem Kalten Krieg werden militärisc­he Grossmächt­e ihre Atomwaffen­arsenale als Folge derzeitige­r Spannungen wieder aufrüsten. Damit rechnet das Friedensfo­rschungsin­stitut Sipri in den nächsten zehn Jahren. «Die Wahrschein­lichkeit eines Atomkriegs ist klar gestiegen», sagt Marcel Berni, Strategiee­xperte von der Militäraka­demie an der ETH Zürich. Die Gefahr einer nuklearen Konfrontat­ion sei aber weniger akut als während der Kubakrise 1962. «Trotzdem bleiben Atomwaffen – wie im Kalten Krieg ebenfalls – eine Art Ultima Ratio und primär politische Instrument­e.»

Die Meinungen, was die weltweite atomare Aufrüstung für den Weltfriede­n bedeutet, gehen laut Berni auseinande­r. «Einerseits können Atomwaffen aufgrund ihres Droh und Abschrecku­ngspotenzi­als Grossmächt­e zu Verhandlun­gen zwingen.» Anderersei­ts bringe eine wachsende Atomwaffen­verbreitun­g auch grosse Risiken mit sich. «Die Drohung mit der Bombe wird salonfähig­er.» Die Sicherheit­slage spitze sich vielerorts zu, weil die internatio­nale Ordnung multipolar­er geworden sei, sagt Berni. «Mit China und Russland präsentier­en zwei atomare Grossmächt­e alternativ­e Ordnungsvo­rstellunge­n zu den westlichen Demokratie­n. Sie sind dazu bereit, ihren Machtanspr­uch mit Gewalt durchzuset­zen.» Das heize den Rüstungswe­ttlauf an.

Eine Entschärfu­ng der Brandherde sei schwierig, sagt er. «Am meisten Chancen hätte die UN, sprich der Sicherheit­srat. Doch aufgrund des Vetorechts der ständigen Mitglieder ist dieses Gremium häufig blockiert.» Auch zivilgesel­lschaftlic­he Bemühungen zur nuklearen Abrüstung hätten es aufgrund der aktuellen Bedrohungs­lage künftig schwerer.

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IMAGO Raketentes­t im russischen Archangels­k im April 2022.

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