Atomkriegsgefahr spitzt sich weltweit zu
Es drohe ein Aufrüsten mit Atomwaffen. Gibt es eine Eskalation? Ein Experte zum Ernst der Lage.
Erstmals seit dem Ende des Kalten Kriegs würden militärische Grossmächte ihre Atomwaffenarsenale wieder aufrüsten, warnt das Friedensforschungsinstitut Sipri. Die Gefahr geht nicht mehr nur von den offiziellen Atommächten aus. «Die Drohung mit der Bombe wird salonfähiger und die Gefahr einer Eskalation nimmt zu», sagt Strategieexperte Marcel Berni.
Erstmals seit dem Kalten Krieg werden militärische Grossmächte ihre Atomwaffenarsenale als Folge derzeitiger Spannungen wieder aufrüsten. Damit rechnet das Friedensforschungsinstitut Sipri in den nächsten zehn Jahren. «Die Wahrscheinlichkeit eines Atomkriegs ist klar gestiegen», sagt Marcel Berni, Strategieexperte von der Militärakademie an der ETH Zürich. Die Gefahr einer nuklearen Konfrontation sei aber weniger akut als während der Kubakrise 1962. «Trotzdem bleiben Atomwaffen – wie im Kalten Krieg ebenfalls – eine Art Ultima Ratio und primär politische Instrumente.»
Die Meinungen, was die weltweite atomare Aufrüstung für den Weltfrieden bedeutet, gehen laut Berni auseinander. «Einerseits können Atomwaffen aufgrund ihres Droh und Abschreckungspotenzials Grossmächte zu Verhandlungen zwingen.» Andererseits bringe eine wachsende Atomwaffenverbreitung auch grosse Risiken mit sich. «Die Drohung mit der Bombe wird salonfähiger.» Die Sicherheitslage spitze sich vielerorts zu, weil die internationale Ordnung multipolarer geworden sei, sagt Berni. «Mit China und Russland präsentieren zwei atomare Grossmächte alternative Ordnungsvorstellungen zu den westlichen Demokratien. Sie sind dazu bereit, ihren Machtanspruch mit Gewalt durchzusetzen.» Das heize den Rüstungswettlauf an.
Eine Entschärfung der Brandherde sei schwierig, sagt er. «Am meisten Chancen hätte die UN, sprich der Sicherheitsrat. Doch aufgrund des Vetorechts der ständigen Mitglieder ist dieses Gremium häufig blockiert.» Auch zivilgesellschaftliche Bemühungen zur nuklearen Abrüstung hätten es aufgrund der aktuellen Bedrohungslage künftig schwerer.