Hier spielen Ex-profis bei den Knast-kickern
WITZWIL. In der JVA Witzwil sprach 20 Minuten mit zwei früheren Profifussballern über ihren Gefängnisalltag.
«Es befreit mich von dem Alltag hier, es bedeutet mir sehr viel, Fussball spielen zu können», sagt Lorik* (Pseudonym), angesprochen auf die Frage, welchen Stellenwert es für ihn habe, hier seiner Leidenschaft mit dem runden Leder nachgehen zu dürfen. «Hier» ist kein gewöhnlicher Schauplatz für Fussballspiele, sondern der Rasenplatz der Justizvollzugsanstalt Witzwil. Lorik und sein Teamkollege Mustafa haben eine kurze Vergangenheit im Profifussball und sind sozusagen die Stars der «Knast-mannschaft», die in der regionalen Firmenliga gegen Leute antritt, die ein Gefängnis ausserhalb dieser Spiele wohl noch nie von innen gesehen haben.
Die JVA bietet ihren Insassen Fussball als Freizeitbeschäftigung an, wobei das Angebot dabei durchaus einen wichtigen resozialisierenden Faktor einnimmt, wie Bruno Gross, der Vizedirektor der JVA, erklärt. «Wegen Schlägereien im grösseren Stil» sitzt Lorik in Witzwil fest. In seiner Jugend kickte er einst mit dem heutigen Fcz-meisterverteidiger Fidan Aliti im Fcb-nachwuchs zusammen, und eines Tages sei er dann via «komische Kontakte» aus dem Nachtleben bei Lokomotiv Plovdiv gelandet. Beim bulgarischen Erstligisten erkämpfte er sich einen Profivertrag über sechs Monate, bevor das Abenteuer nach einem doppelten Kreuzbandriss endete.
Nach der Rückkehr in die Schweiz folgte der Absturz mit Gewaltexzessen und Alkoholproblemen, ehe ihn eine «freundliche Staatsanwältin» stoppte, wie Lorik in aufrichtigem Ton sagt. «Es war wie ein Weckruf für mich», so der verurteilte Gewalttäter, der betont, dass er in der bereits abgesessenen Haftzeit viel Zeit zum Reflektieren hatte. Mustafa hingegen hat kein Problem damit, mit seinem richtigen Namen in der Zeitung zu stehen, will aber nicht über sein Delikt sprechen, das ihn nach Witzwil gebracht hat. Er lässt lieber Taten auf dem Rasen sprechen. Der frühere Profifussballer aus Albanien führt sein Team zusammen mit Lorik im letzten Saisonspiel zu einem Kantersieg und zum Aufstieg. Eine grosse Feier gibts nicht, kurz nach Abpfiff geht es zurück in die Zellen der JVA.