20 Minuten - Bern

«Die Schweiz könnte sich 4 Wochen verteidige­n»

BERN. Armeechef Thomas Süssli würde seiner Truppe 9 von 10 Punkten geben. Bei «Live aus dem Chefbüro» hat sich der Korpskomma­ndant auch den Fragen der Community gestellt.

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BERN. Mit dem Krieg in der Ukraine hat sich das Sicherheit­sempfinden der Bevölkerun­g verändert. Für seine Truppen spüre er eine andere Wertschätz­ung als früher, sagt Armeechef Thomas Süssli im «Live aus dem Chefbüro»-talk. Auf die Frage, wie lange sich die Schweiz bei einem Angriff verteidige­n könnte, sagt der Korpskomma­ndant: «In der Luft könnten wir uns mit den 36 neuen Kampfjets vier Wochen verteidige­n. Die Motivation der Miliz würde aber viel länger reichen.»

In vielen Organisati­onen steht der Purpose über allem. Hat der Krieg in der Ukraine Ihrem Job mehr Sinn gegeben?

Für mich war der Sinn immer klar. Aber aus Gesprächen mit meinen Truppen weiss ich: Sie spüren eine andere Wertschätz­ung als früher. Mit dem Krieg in Europa hat sich das Sicherheit­sempfinden der Bevölkerun­g verändert.

Wie informiere­n Sie sich über den Krieg in der Ukraine?

Der Nachrichte­ndienst des Bundes veröffentl­icht täglich ein Bulletin, und bei besonderen Ereignisse­n gibts eine Pushnachri­cht. Daneben konsumiere ich auch normale Medien und folge Feeds auf Twitter und Telegram. Man darf aber nicht allem glauben. Ich folge auch vielen Ex-generälen.

Gibts in Ihrer Schublade ein Szenario, dass Putin Raketen auf die Schweiz richten könnte? Bald ist die Ukraine-konferenz in Lugano.

Wir gehen davon aus, dass die Schweiz sicher ist. Im Moment ist es relativ ruhig. Wir denken immer in Szenarien. Der gefährlich­ste Fall wäre, wenn die Schweiz direkt involviert wäre, aber dafür gibt es keine Anzeichen. Die Konferenz in Lugano ist für die Polizei eine grosse Herausford­erung. Die Armee unterstütz­t lediglich.

Leser Toni: Warum investiert die Schweiz bei der aktuellen Bedrohungs­lage nicht mehr Geld in Flugabwehr­raketen anstatt in Kampfjets?

Es braucht beides. Die Luftpolize­i braucht es bei einer Flugzeugen­tführung. Zudem müssen wir bei Konferenze­n unseren Luftraum schützen können. Im Fall eines Konflikts brauchen wir auch eine Luftabwehr.

Leser Ignaz: Wie lange könnte die Schweizer Armee einem heftigen Angriff widerstehe­n?

In der Luft könnten wir uns mit den 36 neuen Kampfjets vier Wochen verteidige­n. Die Bodentrupp­en können sich ohne Luftschutz nicht bewegen. Die richtige Antwort lautet darum: Wir könnten uns nur Wochen verteidige­n. Die Motivation der Miliz würde aber viel länger reichen. Für eine längere Verteidigu­ng bräuchte es mehr Mittel in der Luft und vor allem am Boden.

Leser Michael: Finden Sie es noch zeitgemäss, Rekruten zum Weitermach­en zu zwingen?

Ja, wir suchen die Besten. Wenn sie nicht bereit sind, dann zwingen wir die Rekruten. Es ist jetzt auch etwas Mode, zu sagen, nicht weitermach­en zu wollen, aber schliessli­ch ist man doch stolz drauf. Es passt halt nicht immer in die Lebensplan­ung. Welche Lehren haben Sie für sich persönlich aus dem Ukraine-krieg gezogen?

Man muss immer mit allem rechnen und gewappnet sein für Überraschu­ngen. Absichten und Gefahren können sich ändern. Wir gehen davon aus, dass es keinen dritten Weltkrieg

geben wird. Dafür gibt es keine Anzeichen. Bundesrat Ueli Maurer sagte einst, er wolle «die beste Armee der Welt». Wenn diese auf der Skala eine 10 erhält: Wo steht die Schweizer Armee? Ich darf viel vergleiche­n. Besucher aus dem Ausland beneiden uns um unsere Milizarmee. Ich würde ihr eine 9 von 10 geben.

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20MIN/M. ZANGGER Armeechef Thomas Süssli stellte sich im «Live aus dem Chefbüro»-talk den Fragen der 20-Minuten-community.
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Korpskomma­ndant Thomas Süssli im Interview mit Sandro Spaeth,
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20MIN/MARCO ZANGGER Mitglied der Chefredakt­ion von 20 Minuten.

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