«Wer ADHS hat, kann Berge versetzen»
Die Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) galt lange als Kinderkrankheit. Aber auch etliche Erwachsene leiden unter Unaufmerksamkeit, Unruhe und Impulsivität. Wir haben mit der Ärztin, Psychiaterin, Buchautorin und Adhs-expertin Ursula Davatz über Diagnosen, Herausforderungen und Tipps für Betroffene gesprochen.
Frau Davatz, man hat den Eindruck, dass ADHS in der Bevölkerung zugenommen hat. Stimmt das?
Nein. Mehr Betroffene gibt es nicht – nur genauere Diagnosen und mehr verfügbare Information.
Ist ADHS denn eine Krankheit?
Nein! Es ist ein Persönlichkeitstyp. Wenn Menschen mit ADS oder ADHS ein gutes Umfeld haben und sich mit ein paar Tools besser kennen lernen, können sie zu sehr erfolgreichen Persönlichkeiten werden. Wenn sie kein gutes Umfeld haben, entwickeln sie allerdings später oft psychische Krankheiten wie schwere Depressionen oder werden bipolar.
Wie unterscheiden sich die Adhssymptome bei Frauen und Männern?
Männer werden schnell aggressiv und impulsiv. Frauen nehmen sich eher zurück und unterdrücken die Impulsivität. Sie sind sehr empathisch, spüren sofort, was im Umfeld läuft, und werden zu Helfertypen. Deshalb entwickeln sie später eher eine Depression – weil sie sich aufgeben für alle.
Welche Schwierigkeiten haben Betroffene im Beruf?
Sie sind sehr gern ihr eigener Chef und sind intrinsisch gesteuert. Pseudoautoritäten werden sofort erkannt und sie haben keine Hemmung zu kritisieren. Wenn Führungskräfte allerdings fachlich wirklich überlegen sind, lassen sich Adhs-angestellte gern von ihnen leiten. Im Privatleben können
Menschen mit ADHS schnell Verbindungen aufbauen und andere begeistern, aber eben auch anecken. Konflikte eskalieren rasch und heftig, und Beziehungen werden impulsiv abgebrochen.
Manche Betroffene nennen ihr ADHS eine Superpower. Gibt es tatsächlich Vorteile?
Klar! Ein superschnelles Denken, das über den eigenen Tellerrand hinausgeht, und innovative Ideen sind typisch. Kein Wunder, haben viele Unternehmerinnen und Erfinder diese Diagnose erhalten. Wer mit ADHS hyperfokussiert ist, kann Berge versetzen. GERALDINE BIDERMANN
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