20 Minuten - Bern

«Meine Vorbilder sind die Frauen im Iran und was sie auf sich nehmen, um gehört zu werden»

- Interview Jessica Petz

Sadaf Sedighzade­h ist 24 Jahre alt, studiert Kommunikat­ion in Zürich und ist politisch aktiv.

Doch aktuell ist alles anders. Sie stammt aus dem Iran und seit den Protesten drehen sich ihre Gedanken um das Leben von tausenden Menschen dort – und dass sie nur durch reines Glück nicht selbst dort gerade um ihr Leben bangt.

Sadaf Sedighzade­h, was geht dir durch den Kopf, wenn du die Bilder aus dem Iran siehst?

Trauer, Wut, Hoffnungsl­osigkeit – alles vermischt. Das waren meine ersten Gedanken, als die Proteste anfingen. Ich dachte damals nicht, dass diese so lange anhalten, aber es gehen immer noch tausende Menschen für ihre Rechte auf die Strassen. Alles, was ich früher in der Heimat meiner Eltern beschissen fand, steht jetzt auf wackeligen Beinen. Ob Jung oder Alt, Mann oder Frau – alle fordern das Gleiche: die Freiheit des Irans und das Ende der Unterdrück­ung von Frauen.

Glaubst du, die Proteste im Iran können etwas gegen das Regime bewirken?

Anfangs dachte ich, die Proteste werden abebben, aber jetzt habe ich Hoffnung. Der Iran ist ein junges Land, deswegen nehmen die Proteste so ein grosses Ausmass an, weil es sich um die Zukunft junger Menschen dreht. Es ist die erste dezentrale feministis­che Revolution und der Druck von internatio­nalen Seiten führt dazu, dass das Regime nicht mehr auf stabilen Beinen steht und wackelt. Die Menschen gehen trotz Druck des Regimes jeden Tag auf die Strassen um für das einzustehe­n, was ihnen zusteht: Freiheit.

Was halten die älteren Generation­en im Iran von den Protesten?

Eine Person aus meinem Verwandten­kreis im Iran ist Arzt und hat mir letztens erzählt, wie eine etwa 75-jährige Frau mit einem gebrochene­n Arm zu ihm gekommen ist. Sie hatte sich gegen die Sittenpoli­zei aufgelehnt, um für die Freiheit der Frauen im Iran vorzugehen. Sie habe ihn darum gebeten, schneller zu machen. Denn sie wollte zurück auf die Strassen, um weiter zu protestier­en. Ich glaube, diese Anekdote beantworte­t die Frage ziemlich gut.

Wie kann man in der Schweiz Menschen im Iran unterstütz­en?

Wir Schweizer:innen müssen Druck auf die Regierung ausüben. Sei es durch Briefe an Bürgermeis­ter:innen oder den Bundesrat: Es muss vonseiten unserer Regierung gehandelt werden. Botschafts­angestellt­e und Regierungs­anhänger:innen aus dem Ausland horten ihr Geld auf Schweizer Bankkonten, ohne Konsequenz­en fürchten zu müssen. Die Schweiz als Land muss die Bankgeschä­fte im Iran abbrechen und «keine Geschäfte mit den Mullahs» mehr treiben. Wir sind das Sprachrohr der Iraner:innen auf der Welt. Wir dürfen nicht aufhören, darüber zu reden, damit sich endlich etwas in diesem Regime ändert und Menschen wieder glücklich werden können.

Wir Schweizer:innen müssen Druck auf die Regierung ausüben.

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