20 Minuten - Bern

«3900 Fr. Lohn sind nicht viel für die harten Bedingunge­n»

HÄRKINGEN. Seit einem Jahr ist Christian Levrat Präsident der Post. Beim Livetalk im Paketzentr­um Härkingen hat er auch Fragen der Community beantworte­t.

- SANDRO SPAETH/FABIAN PÖSCHL

Wie sehr sind Sie als Postpräsid­ent auch Pöstler? Haben Sie auch schon Pakete sortiert?

Das ist nicht meine Aufgabe. Ich wollte einen E-lastwagen ausprobier­en, aber der Fahrer fand das unvernünft­ig. Meine Aufgabe als Verwaltung­sratspräsi­dent ist, das Unternehme­n so zu positionie­ren, dass es auch noch in zehn Jahren relevant ist und wir den Service Public erfüllen können.

Welches Bedürfnis werden die Kunden in zehn Jahren haben?

Sie erwarten individuel­l zugeschnit­tene Lösungen, wie sie ihre Informatio­nen erhalten können. Die einen wollen einen physischen Brief, die anderen einen vertrauens­würdig zugestellt­en digitalen Brief. Und Dritte wollen alles per Messenger. Diese Individual­isierung ist wichtig. Die Post wird für Firmen immer mehr solche Aufgaben übernehmen und kundengere­cht zustellen.

Durch die Individual­isierung wird das Briefvolum­en weiter sinken. Wird die Post dann nur noch an drei Tagen kommen? Das planen wir nicht. Auf zehn Jahre kann ich keine Prognose machen. Klar ist: Die Bedürfniss­e der Menschen werden für die Post immer im Fokus stehen.

Die Post profitiert wegen Black Friday von hohen Volumen. Auf der Strecke bleibt zuweilen die

Umwelt, wenn die Leute viel bestellen und wieder retournier­en, weils gratis ist. Sehen Sie die Schnäppche­njagd auch kritisch?

Die Post will grüne Logistikwe­ge anbieten. Wir planen, bis 2030 schweizwei­t elektrisch zuzustelle­n. Für 2040 streben wir bei den Co2-emissionen Netto-null an. Beim Black Friday soll jeder für sich entscheide­n: Ich mache nicht mit, aber meine Kinder würden anders antworten.

Petra: Warum wird die Post kundenunfr­eundlicher? Onlinezuga­ng ist nur noch mit Swiss-id möglich und Poststelle­n haben weniger Dienstleis­tungen.

Die Post ist sehr kundenfreu­ndlich und die Swiss-id ist ein gutes Beispiel dafür. Ich habe auch getobt, als ich das Passwort wegen der Swiss-id umstellen musste, aber im Ergebnis ist es nun einfacher. Wir hatten vorher zwei Log-in-systeme. Eine Vereinheit­lichung ist sinnvoll.

Der Präsident im Paketzentr­um.

Zudem ist das System weder von Google oder Facebook, sondern eine Schweizer Lösung. Und: Über 200 andere Unternehme­n nutzen die Swiss-id als Login.

Iris: Der Post-mindestloh­n ist bei 50600 Franken im Jahr oder knapp 3900 Franken im Monat. Werden Sie sich für höhere Mindestlöh­ne einsetzen?

3900 Franken sind nicht viel für die zum Teil harten Arbeitsbed­ingungen. Von den rund 26000 Post-angestellt­en mit einem Gesamtarbe­itsvertrag haben nur rund 100 den Mindestloh­n. Alle anderen sind drüber. Wir wollen höhere Mindestlöh­ne für die gesamte Logistikbr­anche und führen dafür Diskussion­en mit den Gewerkscha­ften. Bereits jetzt bezahlen wir zum Teil deutlich höhere Löhne als die Konkurrenz.

Bald ist Bundesrats­wahl und es erwartet Sie ein neuer Post-minister. Könnten Sie mit einem Svpler als Uvek-chef leben?

Ja, klar. Unsere Aufgabe ist, zu sichern, dass die Politik die richtigen Fragen rechtzeiti­g beantworte­n kann, etwa zum Service Public. Das ist unabhängig von der Partei. Und mein Parteibuch ist sowieso gelb.

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FOTOS 20MIN/TADDEO CERLETTI Christian Levrat im Gespräch mit 20-Minuten-moderator Sandro Spaeth.
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