«3900 Fr. Lohn sind nicht viel für die harten Bedingungen»
HÄRKINGEN. Seit einem Jahr ist Christian Levrat Präsident der Post. Beim Livetalk im Paketzentrum Härkingen hat er auch Fragen der Community beantwortet.
Wie sehr sind Sie als Postpräsident auch Pöstler? Haben Sie auch schon Pakete sortiert?
Das ist nicht meine Aufgabe. Ich wollte einen E-lastwagen ausprobieren, aber der Fahrer fand das unvernünftig. Meine Aufgabe als Verwaltungsratspräsident ist, das Unternehmen so zu positionieren, dass es auch noch in zehn Jahren relevant ist und wir den Service Public erfüllen können.
Welches Bedürfnis werden die Kunden in zehn Jahren haben?
Sie erwarten individuell zugeschnittene Lösungen, wie sie ihre Informationen erhalten können. Die einen wollen einen physischen Brief, die anderen einen vertrauenswürdig zugestellten digitalen Brief. Und Dritte wollen alles per Messenger. Diese Individualisierung ist wichtig. Die Post wird für Firmen immer mehr solche Aufgaben übernehmen und kundengerecht zustellen.
Durch die Individualisierung wird das Briefvolumen weiter sinken. Wird die Post dann nur noch an drei Tagen kommen? Das planen wir nicht. Auf zehn Jahre kann ich keine Prognose machen. Klar ist: Die Bedürfnisse der Menschen werden für die Post immer im Fokus stehen.
Die Post profitiert wegen Black Friday von hohen Volumen. Auf der Strecke bleibt zuweilen die
Umwelt, wenn die Leute viel bestellen und wieder retournieren, weils gratis ist. Sehen Sie die Schnäppchenjagd auch kritisch?
Die Post will grüne Logistikwege anbieten. Wir planen, bis 2030 schweizweit elektrisch zuzustellen. Für 2040 streben wir bei den Co2-emissionen Netto-null an. Beim Black Friday soll jeder für sich entscheiden: Ich mache nicht mit, aber meine Kinder würden anders antworten.
Petra: Warum wird die Post kundenunfreundlicher? Onlinezugang ist nur noch mit Swiss-id möglich und Poststellen haben weniger Dienstleistungen.
Die Post ist sehr kundenfreundlich und die Swiss-id ist ein gutes Beispiel dafür. Ich habe auch getobt, als ich das Passwort wegen der Swiss-id umstellen musste, aber im Ergebnis ist es nun einfacher. Wir hatten vorher zwei Log-in-systeme. Eine Vereinheitlichung ist sinnvoll.
Der Präsident im Paketzentrum.
Zudem ist das System weder von Google oder Facebook, sondern eine Schweizer Lösung. Und: Über 200 andere Unternehmen nutzen die Swiss-id als Login.
Iris: Der Post-mindestlohn ist bei 50600 Franken im Jahr oder knapp 3900 Franken im Monat. Werden Sie sich für höhere Mindestlöhne einsetzen?
3900 Franken sind nicht viel für die zum Teil harten Arbeitsbedingungen. Von den rund 26000 Post-angestellten mit einem Gesamtarbeitsvertrag haben nur rund 100 den Mindestlohn. Alle anderen sind drüber. Wir wollen höhere Mindestlöhne für die gesamte Logistikbranche und führen dafür Diskussionen mit den Gewerkschaften. Bereits jetzt bezahlen wir zum Teil deutlich höhere Löhne als die Konkurrenz.
Bald ist Bundesratswahl und es erwartet Sie ein neuer Post-minister. Könnten Sie mit einem Svpler als Uvek-chef leben?
Ja, klar. Unsere Aufgabe ist, zu sichern, dass die Politik die richtigen Fragen rechtzeitig beantworten kann, etwa zum Service Public. Das ist unabhängig von der Partei. Und mein Parteibuch ist sowieso gelb.