Sklavinnen-prozess von Moutier: Freispruch
MOUTIER. Das Gericht sprach gestern einen Familienclan frei – mangels Beweisen.
Einem kosovarischen Familienvater und seinen vier Söhnen wurde vorgeworfen, über 16 Jahre hinweg vier Frauen wie Sklavinnen gehalten und misshandelt zu haben. Gemäss Anklage hatte der heute 65-Jährige die Frauen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren aus dem Kosovo geholt, um sie dann mit seinen Söhnen zu verheiraten. Die fünf Männer mussten sich unter anderem wegen Menschenhandel, Zwangsheirat, Körperverletzung, Nötigung, Vergewaltigung und sexuellen Handlungen mit Kindern vor dem Regionalgericht in Moutier BE verantworten. Gestern wurden sie mangels Beweisen in den meisten Anklagepunkten freigesprochen. «Sie sind erleichtert, dass der Prozess vorbei ist und sie endlich wieder zu ihrem normalen Leben zurückkehren können», sagte Florent Beuret, der Anwalt einer der angeklagten Söhne, gegenüber 20 Minuten. Das Urteil hält er für richtig. Das Gericht habe seine Arbeit sehr detailliert gemacht und die Aussagen aller Parteien gut analysiert. «Das Gericht kam zum Schluss, dass bei den Aussagen die Glaubwürdigkeit fehlte und es viele Widersprüche gab», so der Anwalt. Der Staatsanwalt hatte für den Vater zwei Jahre Gefängnis und einen fünfjährigen Landesverweis gefordert. Für die Söhne forderte er bedingte Freiheitsstrafen zwischen 60 Tagen und acht Monaten.
«Das Urteil ist für die Betroffenen nur schwer zu ertragen. Für sie bedeutet es, dass die Misshandlungen keine Folgen für die Beschuldigten haben werden», sagte Dominic Nellen, Anwalt der Klägerinnen, gegenüber 20 Minuten. «Der Richter hat das Urteil mit ‹Im Zweifel
Der Clan vor dem Gericht.
für den Angeklagten› begründet. Das Problem ist, wenn die Delikte in den eigenen vier Wänden passieren, hat man nicht viele Beweise und wenn man keine Beweise hat, muss das Gericht die Beschuldigten freisprechen.» Noch ist unklar, ob Berufung gegen das Urteil eingelegt wird.