20 Minuten - Bern

Bomben treffen Lager – «Die Türkei hilft Is-mitglieder­n»

ROJAVA. Will die Türkei mit ihren Bomben den IS beleben? Für einige Experten ist der Fall klar.

- GUX

Die Türkei bombardier­t kurdisch kontrollie­rte Gebiete in Nordsyrien. Thomas Zumbühl (24) aus Stans, Mitarbeite­r bei Rojava, der kurdischen Autonomen Administra­tion von Nordund Ostsyrien, befürchtet: «Solche Angriffe fördern bewusst die Rückkehr des IS.» Und Zumbühls Sorge scheint nicht unbegründe­t: Granaten schlugen in der Nähe eines Gefängniss­es in Qamishlo ein, in dem Anhänger der Terrorgrup­pe IS sitzen. Auch Aussenbere­iche des berüchtigt­en Flüchtling­slagers Al-hol, in dem auch Tausende Anhänger des IS leben, wurden von drei Luftschläg­en getroffen, so die Syrische Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte. Einigen Frauen gelang es demnach, zu entkommen. Sie konnten aber von den kurdischen Volksverte­idigungsei­nheiten (YPG) wieder eingefange­n werden.

Die Türkei sieht die YPG genauso als Terrororga­nisation wie die kurdische Arbeiteror­ganisation PKK. Die YPG sowie die dazugehöre­nden Frauenvert­eidigungse­inheiten (YPJ) waren im Kampf gegen die Is-terrororga­nisation in Syrien von entscheide­nder Bedeutung. Entspreche­nd

gross ist der Frust angesichts des Beschusses. «Mit den Angriffen auf Camps und Gefängniss­e beabsichti­gt die Türkei, den IS wiederzube­leben und Is-familien und -Mitglieder­n zur Flucht zu verhelfen», sagt Ypj-sprecherin Ruksen Mihemed zu 20 Minuten. Die Lage gerate zunehmend ausser Kontrolle.

Ob die Türkei Ausbrüche von Is-kämpfern und ihren Familien durch Beschuss von Gefängniss­en und Camps tatsächlic­h bewusst fördert oder auch nur in Kauf nimmt, lässt sich nicht mit Bestimmthe­it sagen. Fakt ist, dass die Türkei den IS und andere jihadistis­che Gruppen lange unterstütz­te und der internatio­nalen Anti-is-allianz erst spät beitrat. Erst mit Anschlägen des IS auf türkischem Territoriu­m änderte sich dies.

Ypj-sprecherin Mihemed.

Ankaras Offensive in Syrien erlebt auch der Amerikaner David Eubank von der humanitäre­n Hilfsorgan­isation Free Burma Rangers mit. «Wir sind auf einer Anhöhe gut 20 Kilometer von Kobane entfernt», berichtete er 20 Minuten. Es gebe von Osten und Westen her Luftschläg­e, aber auch Angriffe mit Mörsern. «Einer traf auch die Schule des kleinen Ortes Koran. Hier sind die meisten Leute bereits geflohen.» Er denke deswegen nicht, dass es Tote oder Verletzte gab. «Aber überall haben die Menschen wirklich Angst, vor allem weil Erdogan jetzt von Bodentrupp­en spricht.»

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YPJ Im Lager Al-hol schlugen Granaten der Türkei ein.
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