Der Künstler und das City-girl
Als der rumänische Bildhauer Constantin Brâncuși 1926 eine abstrakte Vogelskulptur zu einer Ausstellung nach New York bringen will, verweigert der Hafenzoll ihr die zollfreie Einfuhr als Kunstwerk. So, dass es zu einem Prozess darüber kommt, was als Kunstwerk zu gelten habe, der 1928 damit endet, dass der Vogel als Kunst anerkannt wird. Der Vorfall ist die Vorlage von Dana Grigorceas Roman «Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen», in dem sie Brâncuși Constantin Avis nennt und ihn mit dem New Yorker City-girl Lidy Maenz in eine wilde Lovestory versetzt. Erzählen aber lässt sie das alles neunzig Jahre später von der jungen Schriftstellerin Dora, die mit dem achtjährigen Sohn Loris und dem Kindermädchen Macedonia an die ligurische Küste reist. Dort verarbeitet sie die New Yorker Künstlerund Liebesgeschichte von 1926 unter dem Titel «Damenwahl» zu einem Roman, der die Frage, wie Kunst aus dem Leben heraus entsteht und wie sie auf dieses zurückwirkt, beantworten soll. Doras eigene Beziehungsgeschichte zum «tranigen, unansehnlich lächelnden Regi», von dem sie nicht loskommt, wechselt darin ab mit der mondänen New Yorker Romanze des Künstlers und «frivolen Prinzen» Avis mit der Galeristin Lidy, die im Prozess um die Vogelskulptur zur Zeugin der Verteidigung wird. Kunst, so die Quintessenz des etwas chaotisch daherkommenden, aber vitalen Romans, hat keinen praktischen Zweck, gibt uns ein Gefühl der Freude und ist am Ende wie «ein kühner Vogel, der immer weiter hinauffliegt».
«Das Gewicht eines Vogels beim fliegen», Dana Grigorcea, fr. 32.90