«Die Frage ist, ob Israel es dabei belassen wird»
Der Iran hat erstmals direkt Israel angegriffen. Laut Nahostexperte Roland Popp ist ein Flächenbrand nicht auszuschliessen.
Herr Popp, was sagen sie zum Drohnen- und Raketenangriff des Iran auf Israel?
Es gab seit Tagen Warnungen über einen unmittelbar bevorstehenden Vergeltungsschlag des Iran. Ein direkter Angriff mit weitreichenden Abstandswaffen überrascht dann doch. Man darf nicht vergessen, dass Israel eine von neun Atommächten in der Welt ist.
Ist der Vergeltungsschlag nun beendet?
Die iranische Vertretung bei der UNO sprach von einer «abgeschlossenen» Vergeltung. Ich könnte mir denken, dass man es bei dieser Machtdemonstration belassen will. Die Frage ist, ob die Israelis es dabei belassen werden.
Bestimmte Kreise in Israel und im Westen drängen nun auf einen Angriff auf das iranische Atomprogramm. Aber eigene Flugzeuge zu riskieren für weniger wichtigere Ziele ist hochriskant, aber wir können das nicht ausschliessen. Eine Prognose lässt sich aber seriös nicht machen.
wie wird Israel auf den Angriff reagieren?
Das kommt nicht zuletzt auf die durch den Angriff verursachten Schäden an. Bislang spricht Israel von minimalen Schäden: Man habe fast alles abgefangen und es gebe keine Toten. Das eröffnet eine Rampe zur Deeskalation. Zudem werden die USA auf Israel einwirken, da sie fürchten, selbst zum Ziel der Iraner zu werden.
Also glauben sie nicht an einen Flächenbrand?
Es ist nicht auszuschliessen. Aufgrund der grossen Distanzen zum Iran selbst könnte man seitens der Netanyahu-regierung zum Entschluss kommen, «Stellvertreter» der Iraner in der Nähe zu attackieren – wie die libanesische Hisbollah.
erwarten sie, dass die USA und Russland sich einschalten?
Die USA senden viele Zeichen der Eskalationsbegrenzung, als wichtigster Geldgeber und Waffenlieferant der Israelis ist das sicherlich bedeutend. Aus russischer Sicht ist angesichts der engen militärischen Beziehungen mit einer Unterstützung des Irans zu rechnen, allerdings nicht mit einer militärischen Beteiligung.