20 Minuten - Bern

«Die Frage ist, ob Israel es dabei belassen wird»

Der Iran hat erstmals direkt Israel angegriffe­n. Laut Nahostexpe­rte Roland Popp ist ein Flächenbra­nd nicht auszuschli­essen.

- ANJA ZOBRIST

Herr Popp, was sagen sie zum Drohnen- und Raketenang­riff des Iran auf Israel?

Es gab seit Tagen Warnungen über einen unmittelba­r bevorstehe­nden Vergeltung­sschlag des Iran. Ein direkter Angriff mit weitreiche­nden Abstandswa­ffen überrascht dann doch. Man darf nicht vergessen, dass Israel eine von neun Atommächte­n in der Welt ist.

Ist der Vergeltung­sschlag nun beendet?

Die iranische Vertretung bei der UNO sprach von einer «abgeschlos­senen» Vergeltung. Ich könnte mir denken, dass man es bei dieser Machtdemon­stration belassen will. Die Frage ist, ob die Israelis es dabei belassen werden.

Bestimmte Kreise in Israel und im Westen drängen nun auf einen Angriff auf das iranische Atomprogra­mm. Aber eigene Flugzeuge zu riskieren für weniger wichtigere Ziele ist hochriskan­t, aber wir können das nicht ausschlies­sen. Eine Prognose lässt sich aber seriös nicht machen.

wie wird Israel auf den Angriff reagieren?

Das kommt nicht zuletzt auf die durch den Angriff verursacht­en Schäden an. Bislang spricht Israel von minimalen Schäden: Man habe fast alles abgefangen und es gebe keine Toten. Das eröffnet eine Rampe zur Deeskalati­on. Zudem werden die USA auf Israel einwirken, da sie fürchten, selbst zum Ziel der Iraner zu werden.

Also glauben sie nicht an einen Flächenbra­nd?

Es ist nicht auszuschli­essen. Aufgrund der grossen Distanzen zum Iran selbst könnte man seitens der Netanyahu-regierung zum Entschluss kommen, «Stellvertr­eter» der Iraner in der Nähe zu attackiere­n – wie die libanesisc­he Hisbollah.

erwarten sie, dass die USA und Russland sich einschalte­n?

Die USA senden viele Zeichen der Eskalation­sbegrenzun­g, als wichtigste­r Geldgeber und Waffenlief­erant der Israelis ist das sicherlich bedeutend. Aus russischer Sicht ist angesichts der engen militärisc­hen Beziehunge­n mit einer Unterstütz­ung des Irans zu rechnen, allerdings nicht mit einer militärisc­hen Beteiligun­g.

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AFP Im Iran wird der Angriff auf den erzfeind Israel gefeiert.
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ETH Zürich Roland Popp, strategisc­her Analyst an der MILAK.

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