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«Täter versuchen, ihre Gutachter zu täuschen»

HERISAU. Fabrice Anthamatte­n wird nicht lebensläng­lich verwahrt. Gutachter hätten Ängste, sagt ein Experte.

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Fabrice Anthamatte­n wird nicht lebensläng­lich verwahrt. Sind Sie überrascht?

Ich habe es erwartet. Es ist schwierig, eine lebenslang­e Unbehandel­barkeit zu prognostiz­ieren.

Wie gross ist der Spielraum der Richter?

Sie haben immer das letzte Wort. Aber man kann ein Gutachten mit mehr oder weniger Gewissheit formuliere­n.

Haben die Gutachter Angst, eine Untherapie­rbarkeit zu diagnostiz­ieren?

Ängste sind im Spiel, aber in beiden Richtungen. Es braucht Überwindun­g, zu empfehlen, einen Menschen nie mehr freizulass­en und sozusagen lebendig zu begraben. Anderersei­ts besteht bei einer milden Beurteilun­g die Gefahr einer Entlassung des Täters.

Wird deshalb so häufig die ordentlich­e Verwahrung angewendet?

Sie ist eine Möglichkei­t, allen Standpunkt­en Rechnung zu tragen. Bei einer ordentlich­en Verwahrung ist ja nicht gesagt, dass ein Täter jemals wieder freikommt.

Täter könnten die Psychiater manipulier­en.

Ein Täter wird auf jeden Fall versuchen, den Gutachter zu täuschen. Täter wissen häufig, was Gutachter hören wollen, und reden ihnen nach dem Mund. Dieses Wissen eignen sich viele an.

Die Bilanz der Verwahrung­sinitiativ­e ist ernüchtern­d.

Bisher ist sie sicher nicht beeindruck­end. Aber allein die Tatsache, dass man die lebensläng­liche Verwahrung prüft, hat die Justiz gestärkt. Die Justiz hat wieder mehr Zähne. Die Rechtsprec­hung muss sich noch einspielen.

Thomas Knecht (59) leitet die forensisch­e Psychiatri­e am Kantonsspi­tal Appenzell-Ausserrhod­en und ist regelmässi­ger Gutachter.

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Psychiater Thomas Knecht.

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