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Interpol bekämpfen ihren inneren Schweinehund
Auf dem sechsten InterpolAlbum «Marauder» befreit sich Sänger Paul Banks von seinen Dämonen.
«Der ‹Marauder› ist ein Teil von mir», sagt Paul Banks, Frontmann der New Yorker PostPunkBand Interpol, über den Titel ihres neuen Albums. «Er ist der Typ, der Freundschaften ruiniert und verrückten Scheiss anstellt.» Indem er diesem düsteren Charakterzug Songs widmet, möchte er ihn ein für alle Mal ruhigstellen.
Ein Aufsteller waren Interpol noch nie. Bereits seit ihrem richtungsweisenden Debüt «Turn On the Bright Lights» (2002) stehen sie für musikalische Abgründe: Es ist die Art Band, die man in einer depressiven Phase hört, um sich der Traurigkeit so richtig hinzugeben. Erkennbar ist diese Melancholie auf «Marauder» nicht nur in den typisch verwaschenen, fast schon gespenstischen Gitarren, sondern auch in den Lyrics: Banks analysiert den Zynismus der heutigen Gesellschaft («If You Really Love Nothing»), malt ein dystopisches Bild vom Überwachungsstaat («Surveillance») und reflektiert über die Leere unserer SocialMediaSucht («Party’s Over»).
Als Interpol «Marauder» geschrieben haben, wurden sie angeblich aus dem Proberaum geworfen, weil wegen zu hoher Lautstärke und anderer Flausen mehrfach die Polizei ausrücken musste. Banks innerer «Marauder» scheint also doch noch ab und zu durchzubrechen. Auch wenn die Selbsttherapie nicht wirklich funktioniert haben sollte, ist aus der Introspektion ein herrlich unbequemes Album entstanden.