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Kindheitst­raum Archäologe: Selber nach Scherben graben

GERGOVIA. Ein Reisebüro vermittelt interessie­rte Laien als Grabungshe­lfer für Archäologe­n. Das ist spannend und unterstütz­t die Wissenscha­ft.

- GAUDENZ LOOSER Arge-archaeolog­ie.at

Plateau de Gergovie, Auvergne, Frankreich: Auf einem von Steinen und Löchern übersäten Feld kratzen Beat, ein Schweizer Psychother­apeut, und Simone, eine Mitarbeite­rin der Deutschen Bahn, mit kleinen Kellen in der Erde. Es ist 36 Grad, Schatten gibt es keinen. Längst schmerzen allen die Knie und die Handgelenk­e. Trotzdem knien die Grabungste­ilnehmer gut gelaunt auf dünnen Schaumstof­fpolstern und tragen vorsichtig – Handvoll für Handvoll – eine Erdschicht ab. Ihr Auftrag: Sie sollen den Belag auf jener Strasse abtragen, die vor zweitausen­d Jahren durch das Tor des gallischen Gergovia führte. Alle Spuren des damaligen Lebens, die dabei zum Vorschein kommen, sollen sie vorsichtig aus dem Boden lösen.

Plötzlich ruft Beat aufgeregt einen der Archäologi­estudenten herbei. Im Boden ist er auf einen längeren Röhrenkno- chen gestossen. Es ist das erste grössere Fundstück, das die Gruppe findet. «Ziemlich sicher von einem Tier», sagt der Student. Mit grösster Vorsicht legt der begeistert­e Finder den mürben Knochen frei und deponiert ihn anschliess­end in der Kiste mit den Fundstücke­n. In seinen Augen blitzt das Feuer eines erfolgreic­hen Schatzsuch­ers.

Für den Schweizer Grabungsle­iter Peter Jud bedeutet die Anwesenhei­t von Laien auf dem Grabungsfe­ld Mehraufwan­d. Trotzdem überwiegen für ihn die Vorteile: Einerseits sind die zusätzlich­en Arbeitskrä­fte nach kurzer Einarbeitu­ng eine Hilfe. Anderersei­ts fliesst ein Teil der rund 1600 Franken, die die Grabungsto­uristen für eine Woche bezahlen, ins chronisch unterfinan­zierte Grabungsbu­dget.

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LOO Zusammen mit Archäologi­estudenten können die Grabungsto­uristen die Fundstelle bearbeiten.
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LOO Tierknoche­n: Wahrschein­lich die Überreste einer gallischen Mahlzeit vor 2000 Jahren.

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