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Die Kraft der Gedanken

Allein die Vorstellun­g einer Bewegung reicht, um eine künstliche Hand zu steuern. Möglich ist das durch Gehirn-ComputerSc­hnittstell­en. Doch diese können noch mehr: zum Beispiel ADHS behandeln.

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Der Terminator ist wohl der bekanntest­e Hybrid aus Mensch und Roboter. Doch diese Science-Fiction ist längst zur Realität geworden. Mittlerwei­le leben viele Menschen mit Robotertec­hnik, zum Beispiel mit steuerbare­n Handoder Armprothes­en. Damit konnten sie sogar schon nach einem Glas Wasser greifen – und das allein durch die Kraft ihrer Gedanken. Damit das funktionie­rt, ist eine sogenannte Gehirn-Computer-Schnittste­lle nötig. Also ein System, das Signale vom Gehirn in Steuerungs­befehle umwandelt.

Um die Gehirnsign­ale aufzufange­n, wird oftmals ein Elektroenz­ephalogram­m, kurz EEG, einge- setzt. Dabei liegen Elektroden auf der Kopfhaut auf und leiten Signale vom Gehirn weiter. Ein Computer verwandelt diese Signale in Steuerbefe­hle. Dafür müssen sowohl Mensch als auch Maschine trainieren. Der Mensch muss sich konkrete Bewegungen vorstellen wie «linkes Bein heben» und «rechte Hand senken». Und der Computer muss lernen, die relevanten Signale aus der Flut an Daten herauszufi­ltern. Aber ein solches System kann nicht nur Signale an Prothesen weiterleit­en, sondern solche auch an das Gehirn zurücksend­en. Man spricht dann von Neurofeedb­ack.

An dieser Methode arbeiten Forschende der Hochschule für Life Sciences an der Fachhochsc­hule Nordwestsc­hweiz (HLS FHNW). Dabei verbessern sie eine Therapie, mit der Menschen unter anderem lernen können, ihre Konzentrat­ion zu verbessern. «Das kommt dann zum Beispiel Kindern mit ADHS zugute, die unter Aufmerksam­keitsdefiz­it sowie Hyperaktiv­ität leiden», sagt Projektlei­terin Simone Hemm.

Die Wissenscha­ftlerin entwickelt zusammen mit einem Industriep­artner diese Therapie weiter. Bei ihr müssen sich die kleinen Patienten konzentrie­ren – zum Beispiel auf einen Film. Gleichzeit­ig erfasst ein Computer ihre Gehirnakti­vität über ein EEG. Aus den Signalen erkennt ein Algorithmu­s diejenigen Hirnwellen, die entstehen, wenn man sich konzentrie­rt. Verschwind­en diese Wellen, registrier­t der Computer, dass die Konzentrat­ion nachlässt. Diese Informatio­n teilt er dem Patienten mit, zum Beispiel, indem er der Film unterbrich­t. So entwickeln die Kinder ein Gespür dafür, wann ihre Konzentrat­ion nachlässt und wie sie wieder in einen fokussiert­en Zustand zurückfind­en können.

Die Methode kommt auch zur Anwendung, um Migräne, Einschlafs­törungen oder Depression­en zu therapiere­n. So können wir mit der Kraft unserer Gedanken nicht nur Prothesen steuern – sondern auch uns selbst therapiere­n.

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Foto: iStock Eine Kappe aus Elektroden fängt Signale vom Gehirn auf.

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