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Fake-Stalking lässt Opfer schäumen

ZÜRICH. Stalking-Opfer kritisiere­n den Fake der Influencer­in Antonella Patitucci und der ZHdK. Letztere stellt sich hinter das Projekt.

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ZÜRICH. Sie werde von einem Stalker verfolgt, habe Todesangst und müsse offline gehen: Mit einem Instagram-Video schockiert­e Influencer­in Antonella Patitucci ihre über 50000 Follower. Nun stellt sich heraus: alles nur inszeniert. Zusammen

«Jetzt redet man über einen fingierten Fall und nimmt Betroffene noch weniger ernst.» Jolanda Spiess-Hegglin

mit der Zürcher Hochschule der Künste wollte die Zürcherin auf eine Stalking-Petition aufmerksam machen. Opfervertr­eter reagieren jedoch sauer: Der Fake mache echte Betroffene unglaubwür­dig. Auch Follower und Influencer­Kollegen fühlen sich für dumm verkauft. Patitucci sagt: «Ich habe Grenzen überschrit­ten. Aber das ist es mir wert, wenn sich dafür etwas ändert.»

Die Influencer­in Antonella Patitucci log ihren 56000 Abonnenten auf Instagram vor, wegen eines Stalkers unter Todesangst zu leiden. Inzwischen ist klar: Die ganze Geschichte war ein Fake. Es handelt sich um eine Social-MediaKampa­gne in Zusammenar­beit mit der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), um auf eine Kampagne und eine Petition aufmerksam zu machen. Diese fordern einen Strafbesta­nd für Cyberstalk­ing.

Jolanda Spiess-Hegglin vom Verein #Netzcourag­e findet den Fake problemati­sch: «Indem der Stalkingfa­ll inszeniert wurde, nimmt das Thema lä-

«Jetzt redet man über einen fingierten Fall und wird als Betroffene noch weniger ernst genommen als jetzt schon. Das ist fatal.» «Ich finde es sehr mutig von Antonella, sich für ein so wichtiges Thema einzusetze­n.»

cherliche Züge an.» Nun würden Betroffene auf dem Polizeipos­ten noch weniger ernst genommen. «Das ist fatal. Cyberstalk­ing ist für Betroffene ein Albtraum», sagt sie. Die gewünschte Wirkung wäre mit realen Fällen erzielt worden.

Auch Natalie Schneiter von der Fachstelle Stalking-Beratung findet es «problemati­sch, wenn sich eine Person als Stalking-Opfer ausgibt, obwohl sie keines ist». Das untergrabe die Glaubwürdi­gkeit aller echten Stalking-Opfer.

Die ZHdK nimmt das Studentenp­rojekt in Schutz: «Die Geschichte ist zwar erfunden, spielt sich aber so oder ganz ähnlich immer wieder im Netz ab», schreibt Nico Lypitkas, Leiter der Vertiefung Cast/Audiovisua­l Media. Die Grenze des guten Geschmacks sei mit dem Fake nicht überschrit­ten worden: «Durch diese Kampagne konnte eine Problemati­k sichtbar gemacht werden, die sonst im Hintergrun­d bleibt und bei der Betroffene oft allein gelassen werden.» Patitucci habe sich bereit erklärt, ihre Reichweite als Influencer­in in den Dienst «dieses wichtigen Anliegens» zu stellen. Für die Zusammenar­beit sei sie nicht bezahlt worden.

«Ich ging von einem kranken Stalker aus, der mich und meine Freunde auch auf dem Radar hat.»

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INSTAGRAM Influencer­in Antonella Patitucci schockiert­e ihre 50 000 Follower mit einem inszeniert­en Video.
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... Patitucci unterwegs ...
 ??  ?? Horrorfigu­r Michael Myers ...
Horrorfigu­r Michael Myers ...
 ??  ?? Jolanda Spiess-Hegglin Gründerin Verein #Netzcourag­e
Jolanda Spiess-Hegglin Gründerin Verein #Netzcourag­e
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Sarah Leutenegge­r Influencer­in
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FOTOS: INSTAGRAM ... und eine tickende Uhr gehörten zur Inszenieru­ng des vermeintli­chen Stalkingfa­lls.
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Sylwina Influencer­in

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