20 Minuten - Deutschschweiz uberregional
Klägerin muss 144 000 Franken vorschiessen
BERN. Um einen Verdienstausfall vor Gericht einzuklagen, muss eine Bernerin 144 000 Franken Vorschuss zahlen.
Der Unfall liegt zwar bereits über 20 Jahre zurück, doch er hat das Leben von S.* schlagartig verändert: Bei einem Töffliunfall mit einem LKW erlitt die damals 14-Jährige unter anderem ein schweres SchädelHirn-Trauma. Der genaue Unfallhergang bleibt diffus, ein Urteil des Gerichts akzeptieren beide Parteien nicht, wie der «Beobachter» schreibt. Den bis heute aufgelaufenen und künftig zu erwartenden Schaden haben die Anwälte von S. ausgerechnet: 3,84 Millionen Franken hätte sie zugute.
Diese Summe möchte S. jetzt von der Haftpflichtversi- cherung des Unfallfahrers vor Gericht einfordern. Der Haken am Ganzen: Um dieses Verfahren überhaupt zu ermöglichen, muss die Frau einen Kostenvorschuss von 144000 Franken aus der eigenen Tasche bezahlen. Der Anwalt der Frau, Rolf P. Steinegger aus Bern, zu 20 Minuten: «Wie soll Frau S. mit ihren jetzigen 3000 Franken Lohn diese Summe aufbringen?»
Hier würden sich die Nach- teile der Zivilprozessordnung eindeutig zeigen (Infos in Box). «Vor allem der heutige untere Mittelstand kann solche Vorschüsse nicht mehr aufbringen.» Steinegger sieht ein generelles Problem im System: «Ein Rechtsstaat lebt von der Durchführung von subjektivem Recht.» Durch diese momentane Lage sei es schwierig: Nur wer viel Geld habe, könne noch selbstständig klagen. Steinegger: «Die Öffentlichkeit muss wachgerüttelt werden.»