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Schöner, edler, bequemer, aber . . .
ZÜRICH. Seit Monaten kündigt die Autowelt einen «TeslaJäger» an. Jaguar hat ihn. Der I-Pace überzeugt von A bis K und von M bis Z. Aber leider (noch) nicht beim Laden.
Nachdem ich das Model 3 von Tesla gefahren hatte, habe ich mir überlegt, den US-Stromer zu kaufen. Habe ich aber nicht, weil mir die karge, emotionslose Innenausstattung und die Touchscreen-Bedienung nicht gefallen. Über die Reichweite machte ich mir null Gedanken. Dank den Superchargern ist das bei Tesla kein Thema.
Umso mehr freute ich mich auf den elektrischen Jaguar I-Pace. Zum einen, weil mir die traditionelle Marke sympathischer ist, zum andern, weil ich den I-Pace optisch viel spannender finde. Doch das ist Geschmacksache. Und das gilt auch für das Innenleben eines Autos. Und da punktet der Jaguar sowieso: Hier muss man handwerkliche Qualität nicht suchen, sie springt einen an: Vom wunderbar verarbeiteten Leder bis zu den schönen Instrumenten – der Jaguar hat auch als Stromer Stil. Etwas, was man bei Tesla (noch) vergebens sucht.
Macht nichts, denn Tesla – dessen Model 3 im März das bestverkaufte Auto der Schweiz war – hat nicht weniger im Sinn, als «den Wandel der Welt zu nachhaltiger Mobilität zu beschleunigen». Dabei kann der I-Pace mithelfen: Denn wo Tesla konsequent mit der Vergangenheit bricht, suchen die Briten – Brexit lässt grüssen – einen Kompromiss aus zukunftsträchtigem Antrieb und traditionellem Automobilbau. Dieser Mix könnte den Wechsel zum E-Auto vereinfachen, und mit Ausnahme der Bedienung funktioniert dieser Kompromiss sehr gut. Die Performance mag zwar nicht ganz mit Tesla mithalten, ist aber trotzdem beeindruckend. Vor allem, weil sich der Jaguar im Alltag komfortabler und agiler fährt als die US-Stromer.
Also habe ich mir einen I-Pace gekauft? Nein. Denn ein entscheidender Faktor trübt die Bilanz des Stromers: die aktuelle Ladefähigkeit! Weil die effektive Reichweite des Jag eher bei 370 als 480 Kilometern liegt, wird das Laden zum Thema. Und da kann der Brite nicht mithalten. Jaguar hat kein Superchargernetz wie Tesla, und der I-Pace kann an normalen Ladesäulen nur 7 statt 22 kW ziehen. Wer keine Ladestation zu Hause hat, muss dem Auto lange Erholungsphasen gönnen – von der normalen Steckdose nicht zu reden. Aber Hilfe naht: Ionity will bis 2020 in Europa 400 Supercharger montieren – mit bis zu 350 kW. Dann lässt sich der I-Pace in einer Stunde laden, und ich mache mir wieder Gedanken.