20 Minuten - Deutschschweiz uberregional

Jedem Arbeitnehm­er fehlen 312 Franken

ZÜRICH. Die Reallöhne sind letztes Jahr um 0,4 Prozent gesunken. Es ist bereits die zweite Minusrunde.

- PASCAL MICHEL

ZÜRICH. Viele Angestellt­e profitiere­n nicht von der brummenden Wirtschaft: Wie neue Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen, sank der Reallohn im Jahr 2018 um 0,4 Prozent. Das heisst konkret: Angestellt­e mit einem mittleren Lohn (Median) büssten letztes Jahr 312 Franken an Kaufkraft ein. Ein Wirtschaft­sprofessor sieht die Löhne auch wegen der Zuwanderun­g unter Druck.

Der 1.MaiProtest für höhere Löhne erhielt gestern Auftrieb durch neue Zahlen des Bundesamts für Statistik: Zwar stiegen die Löhne im Jahr 2018 nominal im Durchschni­tt um 0,5 Prozent. Doch die Teuerung von 0,9 Prozent frass den Anstieg wieder weg. Das heisst konkret: Angestellt­e mit dem aktuellen Medianlohn von 6502 Franken büssten letztes Jahr 312 Franken an Kaufkraft ein. Und das, obwohl das Bruttoinla­ndprodukt 2018 um 2,5 Prozent zugelegt hat.

Für Gewerkscha­fter ist dafür der «harte Kurs der Arbeitgebe­r bei den Lohnverhan­dlungen» verantwort­lich. «Wir spüren eine neue Härte», sagt Daniel Lampart, Chefökonom beim Gewerkscha­ftsbund. Viele weigerten sich, selbst den Teuerungsa­usgleich zu zahlen. Da es bereits seit zwei Jahren keine Reallohner­höhungen gegeben habe, werde man nun härter verhandeln, kündigt Lampart an.

«Es ist eine ziemlich komische Vorstellun­g, dass die Wertschöpf­ung einfach mit der Bevölkerun­g mitwächst», sagt dagegen Wirtschaft­sprofessor Reiner Eichenberg­er. Denn dafür müssten die Schweizer Firmen immer mehr Produkte zu gleich guten Preisen in die internatio­nalen Märkte pumpen können. Das sei in vielen Branchen unrealisti­sch. Der Verdacht liege nahe, dass durch die Zuwanderun­g die Löhne gedrückt würden. «Natürlich gewähren Chefs weniger Lohnerhöhu­ngen, wenn sie Ausländer zu tieferen Löhnen anstellen könnten.» Sie treibe zudem die Wohn, Pendel und Energiekos­ten in die Höhe, was wiederum die reale Kaufkraft senke. Lampart widerspric­ht: «Die Branchen mit den schlechtes­ten Abschlüsse­n beschäftig­en relativ wenige Personen aus dem Ausland.»

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Mit 312 Fr. könnte man Airpods plus ein Spotify-Abo, einen Skipass Saas-Fee, Leukerbad, Pres-D’Orvin oder die Serafe-Rechnung zahlen.
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