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Juden sind besorgt wegen Verschwörungstheoretikern
ZÜRICH. Der neue Antisemitismusbericht zeigt: Rechtsextreme Verschwörungstheorien in sozialen Medien sind auf dem Vormarsch.
Eine von Juden orchestrierte Weltordnung, die das Ziel hat, die weisse Bevölkerung westlicher Staaten gegen nichtweisse Einwanderer auszutauschen: Der sogenannte «Grosse Austausch» (Englisch: Great Replacement) ist eine der derzeit populärsten antisemitischen Verschwörungstheorien, so der Schweizerische Israelitische Gemeindebund SIG im heute veröffentlichten Antisemitismusbericht 2019. Während Juden in der Schweiz letztes Jahr von physischen Angriffen verschont blieben, sind Verschwörungstheorien laut dem SIG auf dem Vormarsch: Über 36 Prozent, also 190 der 523 antisemitischen Vorfälle im letzten Jahr, hatten einen verschwörungstheoretischen Hintergrund.
«Viele Mitglieder der rechtsextremen Szene in der Schweiz verbreiten etwa die Theorie des ‹Grossen Austauschs› aktiv in den sozialen Medien. Die Gefahr eines möglichen Anschlags besteht also auch hier», sagt SIGGeneralsekretär Jonathan
Kreutner. Er verweist auf die rechtsextremen Attentäter von Pittsburgh und Halle, die beide Anhänger der ReplacementTheorie waren. Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) sagt: «Diese rechte Theorie ist gefährlich, weil sie die Spaltung der Gesellschaft vorantreibt und rechtsextremen Gewalttätern dazu dient, Angriffe auf Minderheiten als legitime Selbstverteidigung darzustellen.» Kreutner fordert daher, dass die Schweiz gesetzlich festlegen soll, dass Posts mit antisemitischer Hetze unmittelbar aus sozialen Medien gelöscht werden.
Anderer Meinung ist SVPNationalrat Christian Imark, der auf die Selbstverantwortung der Unternehmen pocht: «Die sozialen Netzwerke haben selbst ein Interesse daran, gewaltprovozierende Inhalte zu löschen.»