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«Kannibalismus ersetzt manchmal sexuelle Aktivität»
BERLIN. Warum essen Menschen das Fleisch anderer? Die forensische Psychiaterin Nahlah Saimeh, die an der Uni Jena doziert, im Interview.
Frau Saimeh, was treibt Kannibalen an?
Das ist sehr unterschiedlich. Eine Person zu essen, ist die absolute Entmenschlichung. Man stellt sie mit Fleisch gleich und scheidet sie am Schluss aus. Bei manchen Kannibalen ist es die Fantasie von der totalen Verschmelzung mit einer Person. Dann gibt es den
Kannibaals Lustprinzip. Sexuelle Lust kann an das Verspeisen von menschlichen Körperteilen gebunden sein, manchmal ersetzt Kannibalismus jegliche sexuelle Aktivität.
Ein Beispiel dafür?
Ein Kannibale hat mir einmal offenbart, dass sein absolutes Lustobjekt die muskulöse Brust eines Mannes ist. Zwar hatte er auch Sex mit Männern, aber für ihn war das Date nur Mittel zum Zweck, um diese kennen zu lernen. Seine Begierde war auf den Mann als anatomisches Objekt ausgerichtet. Solche Personen sind natürlich nicht fähig, echte Intimität aufzubauen.
Kann jeder zum Kannibalen werden?
Es gibt den Begriff des «Hungerkannibalismus». Wie Mensche schen in Extremsituationen, zum Beispiel in Hungersnöten, reagieren, kann nie genau vorhergesagt werden. Wer leicht psychopathische Züge hat, wird sich wahrscheinlich eher überwinden können, Menschenfleisch zu essen.
Gibt es auch Kannibalinnen? Ich kenne auf jeden Fall keine. Kannibalistischen Handlungen liegen oft schwere psychilismus
Störungen zugrunde, die mit sexuell abweichenden Wünschen einhergehen. Männer sind davon öfter betroffen als Frauen.
Wie viele Kannibalen gibt es? Es gibt Schätzungen, wonach sich weltweit rund 80 000 Personen in einschlägigen Foren tummeln. Aber das Phänomen ist selten.