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Kritik an zaghaftem Bundesrats­kurs

BERN. Der Bundesrat will vorerst keine neuen Massnahmen gegen die Pandemie beschliess­en. Politiker sind unzufriede­n.

- DANIEL GRAF

BERN. Die Fallzahlen bleiben hoch, die Corona-Massnahmen unveränder­t. Politikern stösst sauer auf, dass der Bundesrat erst am 13.Januar über weitere

Schritte bis hin zu einem harten Lockdown entscheide­t. «Wir sind immer ein paar Wochen zu spät», sagt GLP-Präsident Jürg Grossen. Und FDP-Vizepräsid­ent Andreas Caroni fordert den Bundesrat «unverzügli­ch zum Handeln auf». Ihm geht es insbesonde­re beim Impfen zu langsam.

Am 13. Januar will der Bundesrat entscheide­n, ob er die Schliessun­g von Restaurant­s, Sport-, Kultur- und Freizeitei­nrichtunge­n bis Ende Februar verlängert. Gleichzeit­ig mahnte Alain Berset, eine Verbesseru­ng der Lage sei nicht in Sicht. Sollte sich die Lage verschlimm­ern, könnte ein harter Lockdown drohen.

Der Bundesrat wolle aber verhindern, dass es so weit komme wie in Deutschlan­d.

Auch GLPPräside­nt Jürg Grossen hofft, dass so gravierend­e Eingriffe

in die Freiheit nicht nötig werden. Für ihn ist der Schweizer Weg aber zu zögerlich: «Es hätte jetzt eine Homeoffice-Pflicht und Fernunterr­icht für nicht obligatori­sche Schulen gebraucht.» Auch Grünen-Präsident Balthasar Glättli sagt: «Mit dem Entscheid, immer noch keine Homeoffice-Pflicht einzuführe­n, riskiert der Bundesrat, dass auch 2021 zu einem Corona-Jahr wird.» Für ihn müsste es eher in Richtung eines harten, aber zeitlich begrenzten Lockdown gehen.

Auch die FDP fordert den Bundesrat «unverzügli­ch zum Handeln auf». Vizepräsid­ent Andrea Caroni: «Es braucht eine gute, schnelle und durchschla­gende Impfstrate­gie mit den dazugehöri­gen digitalen Tools.» Er kritisiert, dass das BAG es verschlafe­n habe, ein solches rechtzeiti­g zu beschaffen. Das stört auch SVP-Nationalrä­tin Esther Friedli: «Wenn es in dem Tempo weitergeht, scheint es höchst fraglich, ob wir bis im Sommer alle impfen können, die das wollen.» Restaurant­s schon jetzt bis Ende Februar zu schliessen wäre für sie aber zu vorschnell. Sie sagt: «Wir müssen schauen, dass das Virus nicht mehr importiert wird.»

Jan Fehr, Leiter des Departemen­ts Public & Global Health an der Uni Zürich, spricht von einem Déja-vu: «Immer wieder werde ich gefragt, ob die Massnahmen ausreichen. Und stets muss ich sagen: Nein, vermutlich leider nicht.» Es brauche harte und schweizwei­t gültige Massnahmen, «die die Menschen verstehen und die effektiv zu einer Abkühlung der Pandemie beitragen». Fehr: «Wir müssen die Infektions­zahlen runterbrin­gen. Andernfall­s befürchte ich, dass wir direkt in eine dritte Welle laufen.»

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FABRICE COFFRINI/AFP Bundesrat Alain Berset warnte gestern an der Pressekonf­erenz, eine Verbesseru­ng der Lage sei nicht in Sicht.

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