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Lockdown-Frust sorgt für Gewaltausb­rüche

ZÜRICH. Trotz Verbot treffen sich Jugendlich­e in grösseren Gruppen auf der Strasse, es kommt auch oft zu Zoff. Experten erklären, warum das so ist.

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ZÜRICH. Sie sind frustriert und aggressiv: Viele Jugendlich­e haben genug von den Corona-Massnahmen. Spannungen entladen sich zunehmend in Gewalt, wie am Samstag am Zürcher Stadelhofe­n. Den Gewaltexpe­rten Dirk Baier erstaunt das nicht: «Junge erleben die Einschränk­ungen am heftigsten.» Bürgerlich­e Jungpoliti­ker fordern nun einen Lockdown-Stopp.

Die Corona-Massnahmen setzen gerade jungen Menschen stark zu. So entlud sich der Corona-Frust am Zürcher Stadelhofe­n, wo sich in der Nacht auf Sonntag rund 200 Menschen versammelt­en, es kam zu Krawallen. In Winterthur gab es im Dezember ähnliche Szenen. Und in Genf meldete die Polizei an den Wochenende­n vermehrt gewalttäti­ge Aktionen von 15- bis 18-Jährigen.

Dirk Baier, Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalpr­ävention der ZHAW, erstaunt das nicht: «Verschiede­ne Studien haben gezeigt, dass junge Menschen die derzeitige­n Einschränk­ungen am heftigsten erleben.» Als Jugendlich­er gehöre es ein Stück weit dazu, Grenzen auszuloten, Vorgaben infrage zu stellen und unterwegs zu sein. «All das ist jetzt reduziert, Clubs und Bars sind zu, freies Feiern nicht möglich.» Die Jugendlich­en reagierten unterschie­dlich: «Mädchen und junge Frauen verarbeite­n das eher innerlich und laufen häufiger

Gefahr, in eine depressive Spirale abzurutsch­en. Junge Männer gehen raus und treffen sich in Gruppen.» Dann brauche es nur noch ein wenig Alkohol, und schon könne die Stimmung hochkochen.

Auch an den Schulen ist der Corona-Frust zu spüren, wie Marijana Minger, Co-Präsidenti­n Vereinigte Schulpsych­ologinnen und Schulpsych­ologen des Kantons Zürich, feststellt: «Viele Kinder und Jugendlich­e,

die wir beraten, sagen: So macht das Leben keinen Spass. Ich habe keine Freude und Motivation mehr.» Minger kritisiert, dass die Situation der Jugendlich­en bei der Diskussion um Massnahmen zu wenig beachtet werde: «Wir befinden uns in einer Art Kriegszust­and. Auch Kinder, die zwar meist nicht körperlich vom Virus betroffen sind, sind enormem psychische­m Stress ausgesetzt.»

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Nacht-Stadtrat Philipp Meier.

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