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Von der Sek B zur Matura: Siham will Ärztin werden

Siham büffelt für die Zulassung an die Uni. Setze man sich etwas in den Kopf, klappe es, sagt die 20Jährige.

- BETTINA ZANNI

Nach der Primarschu­le wurde Siham in die Sek B eingeteilt. «Meine Eltern haben keine Ausbildung. Sie arbeiteten den ganzen Tag und hatten keine

Zeit, mich abends abzufragen», sagt die heute 20-Jährige. Doch Siham kämpfte sich nach oben, schaffte es rasch in die Sek A, machte später die Lehre zur Praxisassi­stentin

und absolviert­e die Berufsmatu­ra. Nun büffelt die junge Frau fleissig für die Zulassung zur Universitä­t. Sie möchte Ärztin werden.

Siham hat einen Durchhänge­r. «Ich habe noch so viel Stoff zu lernen», klagt sie ihren 11 000 Followern und Followerin­nen in einem Tiktok-Video. Die letzten acht Prüfungen stehen in wenigen Tagen bevor.

Beim Treffen sitzt Siham, die nur mit Vornamen erscheinen will, in der Zürcher Zentralbib­liothek (ZB) und büffelt Geschichte und Geografie. In der ZB sitzt sie fast täglich sechs Stunden, um sich auf die Passerelle (Zulassungs­prüfung für das Studium an einer Uni oder ETH ohne gymnasiale Matura) vorzuberei­ten. «Der ganze Stoff muss nächste Woche abrufbar sein.»

«Nach der Primarschu­le wurde ich in die Sek B eingeteilt.» Immer wieder habe sie gehört, dass die Jobaussich­ten mit einem Sek-B-Abschluss schlecht seien. «Deshalb lernte ich bis in die Nacht und schrieb im Zeugnis dann fast alles Sechser und Fünfeinhal­ber», sagt sie stolz. Kaum in der Sek A angekommen, steckte sich Siham ein weiteres Ziel: das Gymi. «Leider klappte die Prüfung aber nicht.»

Wegen des Kopftuchs gestaltete sich für Siham, die somalische Wurzeln hat, auch die Lehrstelle­nsuche nicht einfach. Den Hidschab abzulegen, kam für die Muslimin nicht infrage. «Die Religion ist mir wichtig und das Kopftuch gehört zu mir – es ist etwas Persönlich­es zwischen mir und Gott. Lieber stand ich ohne Lehre als ohne Kopftuch da.»

Dennoch hatte Siham drei Wochen nach dem Start der dritten Sek die Zusage für die Lehre in einer Hausarztpr­axis. Hier blühte sie auf. Die Lehre bestärkte sie in ihrem Streben nach dem Traumberuf Ärztin, den sie seit der Sek B hegt. Im dritten Lehrjahr klappte es mit der BMS-Aufnahmepr­üfung. Kaum hatte sie diese abgeschlos­sen, bewarb sie sich erfolgreic­h an der Kantonalen Maturitäts­schule für Erwachsene (KME) für die Passerelle.

Siham möchte so schnell wie möglich Medizin studieren. Zeit, sich auf den Eignungste­st fürs Studium vorzuberei­ten, blieb ihr kaum. Deshalb hat sie nicht bestanden. «Ich arbeite ein Jahr als Praxisassi­stentin und dann bereite ich mich ein ganzes Jahr darauf vor.»

Setze man sich etwas in den Kopf, klappe es, sagt Siham, bevor sie sich wieder zum Lernen in die ZB setzt.

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20MIN/TADDEO CERLETTI Mit viel Fleiss und Durchhalte­vermögen arbeitet die 20-jährige Siham auf ihren Traumberuf hin.
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20MIN/TADDEO CERLETTI Die 20-jährige Siham lässt sich durch nichts aufhalten – sie will Ärztin werden.

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