20 Minuten - Luzern

Überwachun­g wird teurer – bleiben Taten ungeklärt?

BERN. Ermittler müssen für Überwachun­gsdienste tief in die Tasche greifen. Das spielt laut Politikern Kriminelle­n in die Hände.

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Der Kanton Aargau und der Bund streiten über eine Rechnung von 800 000 Franken: Diese hat der Überwachun­gsdienst ÜPF des Bundes für die Beschaffun­g von Handydaten im Vierfachmo­rd von Rupperswil verschickt (20 Minuten berichtete). Solche Dienstleis­tungen – von Handyortun­gen bis zur Internetüb­erwachung bei Terrorverd­acht – dürften für die Kantone gar noch teurer werden. Der Bundesrat will die Gebühren um 70 Prozent erhöhen. Auch weil mehr Geld in die Infrastruk­tur fliesst.

Für die Konferenz der Staatsanwä­lte sind die Gebühren jetzt schon zu hoch: «Eine Überwachun­g des Fernmeldev­erkehrs kostet in Frankreich 300 Euro. Bei uns sind es 2500 Franken», sagt Präsident Fabien Gasser. Das Sparprogra­mm des Bundes treffe die Kantone. Grosse Sorgen macht sich auch CVP-Nationalra­t Marco Romano: «Ich weiss aus dem Tessin, dass Ermittler schon heute aus Kostengrün­den auf Überwachun­gsmassnahm­en verzichten.» Er befürchtet, dass so Drogendeli­kte nicht aufgeklärt oder gar Terrorsymp­athisanten zögerliche­r überwacht werden.

Nils Güggi vom ÜPF verteidigt dagegen die Erhöhung der Gebühren. Sie sei nötig, damit die Ausbauten finanziert werden könnten. Man werde kaum wegen des Geldes auf nötige Überwachun­gen verzichten, zudem würden Handyraste­rFahndunge­n künftig gar günstiger. Auch der St. Galler Staatsanwa­lt Thomas Hansjakob sagt: «Natürlich müssen Staatsanwä­lte die Kosten berücksich­tigen.» Das sei aber gar nicht schlecht, da eine Überwachun­g ein schwerer Eingriff in die Persönlich­keitsrecht­e sei und nicht leichtfert­ig eingesetzt werden dürfe. Er könne damit leben, wenn nicht jede Ehrverletz­ung im Netz aufgeklärt werde.

Strafverfo­lgungsbehö­rden können beim Bund eine Überwachun­g anordnen. So geschehen im Fall Rupperswil: Zur Klärung des Vierfachmo­rdes besorgte der Überwachun­gsdienst ÜPF 30 000 Handynumme­rn von Personen, die sich zum Zeitpunkt der Tat in der Nähe aufhielten. Der Bund stellte dafür laut «Aargauer Zeitung» 800 000 Franken in Rechnung. Diese ist nun ein Fall für die Justiz. Ein Grossteil der Summe ginge als Entschädig­ung an die Netzbetrei­ber wie Swisscom. Marco Romano (CVP) sagt dazu: «Auch über die Höhe der Entschädig­ungen muss diskutiert werden.»

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20M Der Sitz des Überwachun­gsdiensts ÜPF in Bern. Umfrage: Finden Sie die Gebührener­höhung richtig? 20min.ch

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