20 Minuten - Luzern

«Anrufe gelten als übergriffi­g»

ZÜRICH. Mail mir, schreib mir per Whatsapp – aber ruf mich ja nicht an! Das Telefonges­präch gerät zunehmend in Verruf.

- SIMON ULRICH

«Nur fiese Menschen rufen an: Warum Millennial­s so ungern telefonier­en» – unter diesem Titel erklärt eine junge Journalist­in im Online-Magazin «Edition F», warum sie das Telefonier­en hasst. Anrufe kämen ihr oft vor «wie ein Überfall aus dem Hinterhalt». Klingle das Telefon zur falschen Zeit, entwickle sie «latente Aggressio- nen». Das Telefonier­en ist bei unter Dreissigjä­hrigen zunehmend unbeliebt – das zeigt sich auch in der Schweiz: Im Media Use Index 2016 fungiert das Telefonier­en bei den 14- bis 29-Jährigen nicht einmal mehr unter den Top 5 der Aktivitäte­n auf dem Smartphone.

«Anrufe werden von Millennial­s als unhöflich und übergriffi­g wahrgenomm­en», bestätigt Social-Media-Experte Philippe Wampfler. Dies, weil der Angerufene nicht aussuchen könne, wann er antworten will. Emotionale Angelegenh­eiten werden heute – mit Bildern und Videos unterstütz­t – auf Whatsapp oder Snapchat erörtert.

Mit dem Telefon verbinden deshalb viele eher Unangenehm­es: dringende Notfälle, unerwünsch­tes Tele-Marketing und Anrufe des Chefs. An die Stelle von Telefonate­n treten laut Wampfler vermehrt aufgezeich­nete Sprachnach­richten: «Sie haben dieselbe Funktion wie Telefonate, folgen aber dem Gebot der Höflichkei­t, da man sie zum gewünschte­n Zeitpunkt anhören kann.»

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