20 Minuten - Luzern

«Die Frau war wie alle geschockt»

LONDON. Das Foto einer Muslimin, scheinbar unberührt von einem Anschlagso­pfer, gibt zu reden. Der Fotograf, der es schoss, ist wütend.

- ANN GUENTER

Eine Aufnahme vom Anschlag in London in der Nähe des Parlaments: Eine Frau mit Hijab läuft, offenbar am Telefon, neben einem am Boden liegenden Opfer vorbei. Auf Twitter schreibt ein Nutzer aus den USA zu dem Bild: «Einer Muslimin ist der Terroransc­hlag egal, sie ignoriert den am Boden liegenden Mann und ist mit ihrem Telefon beschäftig­t.»

Der Kommentar des Mannes aus Texas, bekennende­r Islamhasse­r mit fast 44 000 Followern, löst eine Kontrovers­e aus: Einige stimmen ihm zu und sehen in dem Foto den Beleg dafür, dass die Terroratta­cke «die Muslime» kalt lässt. Andere sind empört, was in das Foto hineininte­rpretiert wird.

Empört ist auch Jamie Lorriman. Der Brite hat die Aufnahme von der Frau mit Kopftuch gemacht. «Ich bin entsetzt, dass mein Foto benutzt wird», sagt er zu 20 Minuten. «Die Leute missbrauch­en es, um eine hasserfüll­te Botschaft zu verbreiten.» Er sei ja vor Ort gewesen. Die Frau mit Kopftuch sei, wie alle anderen, komplett geschockt gewesen. «Sie hatte Mühe, sich zusammenzu­nehmen.»

Dass sein Foto von Islamhasse­rn in den USA missbrauch­t wird, ärgert ihn. «Doch wenn Bilder erst mal auf Twitter zirkuliere­n, hat man kaum mehr eine Handhabe, das zu unterbinde­n.» Ursprüngli­ch hatten US-Medien dem Briten die Aufnahmen abgekauft. Könnte Lorriman jenen, die sein Foto mit Hassbotsch­aften verbreiten, eine Botschaft zukommen lassen, dann diese: «Nehmt mein Foto herunter. Was ihr da tut, ist falsch.»

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JAMIE LORRIMAN Ein Islamhasse­r aus Texas meinte zu diesem Bild, der Muslimin sei der Anschlag egal.

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