20 Minuten - Luzern

Vergewalti­gungs-Opfer schreibt mit Täter ein Buch

REYKJAVIK. Ein Australier vergewalti­gte eine Isländerin. 21 Jahre später arbeiten sie zusammen.

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Thordis Elva war 16 Jahre alt, als sie 1996 Tom Stranger kennen lernte. Der 18-jährige australisc­he Austauschs­chüler wurde ihre erste grosse Liebe. Einige Wochen waren sie zusammen. Bei einer Feier trank Elva viel zu viel. Ihr Freund Stranger brachte sie nach Hause – und fiel über sie her. Sie sei zu schwach gewesen, um sich zu wehren, sagt sie heute. «Hör auf», habe sie gesagt. Doch Stranger machte weiter. «Ich zählte die Sekunden und dachte, wenn ich aufhöre zu zählen, würde ich sterben», erinnert sich Elva. Und er sagt heute: «Ich habe mir genommen, was ich wollte. Ich habe mir auch danach vorgemacht, das sei eben Sex.» Zwei Stunden später ging er, wenig spä- ter machte er Schluss. Elva blieb traumatisi­ert zurück.

Sie wurde zur Kettenrauc­herin, ritzte sich, entwickelt­e eine Essstörung. Im Mai 2005 entschied sie sich, ihrem Peiniger zu schreiben. Acht Jahre später trafen sie sich in Kapstadt. Die Aussprache dauerte eine Woche und endete schliessli­ch in einem Buch der beiden, das jetzt in mehreren Sprachen erschienen ist. Die Verlage hoffen auf einen Bestseller. Elva sieht den Erlös daraus als eine Art Schmerzens­geld. Und Stranger? Er habe verstanden, dass der öffentlich­e Diskurs über sexuelle Gewalt nicht nur ein Thema für Frauen sei. Auch Männer müssten sich beteiligen. Seinen Gewinn am Buch will er spenden. Tom

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GLENN HUNT Stranger und Thordis Elva sprachen sich aus.

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