«Sie haben kein Interesse, den Terrorismus zu bekämpfen»
DOHA. Muslimische Länder sagen sich von Katar los. Experte Roland Popp erklärt die Situation.
Herr Popp*, warum wenden sich die Länder genau jetzt ab?
Der Konflikt besteht eigentlich schon länger. Es geht um die Meinungsführerschaft in der arabischen Politik.
Was sind die Gründe für die erneute Eskalation?
Einerseits geht es um die Haltung Katars gegenüber dem Iran und andererseits um jene gegenüber der Muslimbruderschaft. Katar ist einer ihrer wichtigsten Unterstützer, Saudiarabien sieht die Muslimbruderschaft als Gefahr.
Die Staaten werfen Katar Terrorunterstützung vor.
Ich glaube, der Vorwurf wird hier nur benutzt, um die Aktion dem Westen zu verkaufen. Dass Katar terroristische Organisationen unterstützt, ist ein offenes Geheimnis. Dies gilt aber genauso für Saudiarabien, das zum Beispiel eine wichtige Rolle bei der Entstehung des IS spielte. Alle diese Staaten unterhalten sehr zweifelhafte Beziehungen zu radikalen Gruppen und zu Terroristen, und seit der Anschlagsserie in Grossbritannien kommt dies auch endlich einmal zur Sprache.
Was ist das Ziel dieser Unterstützung?
Macht und Ideologie. Sowohl Katar als auch Saudiarabien hängen einer extremistischen Minderheitsauslegung der isla- mischen Lehre an, dem Wahhabismus. Die ist in der ideologischen Auslegung weitgehend identisch mit dem, was auch der IS lehrt. Katar und Saudiarabien glauben, durch Unterstützung Einfluss gewinnen zu können.
Was bedeutet der Konflikt für die ganze Region?
Man sieht, dass alle diese Staaten kein Interesse daran haben, den Terrorismus zu bekämpfen. Sie tragen Machtkämpfe untereinander aus. Hier sieht man, wie verfehlt die Politik von Donald Trump war. Er ist nach Saudiarabien gereist und hat dem Regime volle Unterstützung angeboten. Dabei steht ausser Zweifel, dass Saudiarabien das Ursprungsland dessen ist, was bei uns in Form von militantem Terrorismus immer wieder auf unseren Strassen zuschlägt.
Wie geht es weiter?
Mehrere islamische Länder haben gestern ihre diplomatischen Beziehungen zu Katar abgebrochen. Bahrain, Ägypten, Saudiarabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zogen ihr diplomatisches Personal aus dem Golfstaat zurück. Später teilten auch der Jemen, Libyen und die Malediven mit, dass man mit Katar nicht mehr auf diplomatischer Ebene zusammenarbeiten wolle. Katar wird vorgeworfen, islamistische und terroristische Gruppen zu unterstützen, was Katar bestreitet. Das katarische Aussenministerium sagte, es gebe «keine legitime Rechtfertigung» für den Entschluss der Länder. Die Amerikaner werden versuchen zu vermitteln. Ich rechne damit, dass Katar einbrechen und einige der saudischen Forderungen erfüllen wird.