20 Minuten - Luzern

«Sie haben kein Interesse, den Terrorismu­s zu bekämpfen»

DOHA. Muslimisch­e Länder sagen sich von Katar los. Experte Roland Popp erklärt die Situation.

- VIVIANE BISCHOFF *Roland Popp ist Sicherheit­sexperte am Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich.

Herr Popp*, warum wenden sich die Länder genau jetzt ab?

Der Konflikt besteht eigentlich schon länger. Es geht um die Meinungsfü­hrerschaft in der arabischen Politik.

Was sind die Gründe für die erneute Eskalation?

Einerseits geht es um die Haltung Katars gegenüber dem Iran und anderersei­ts um jene gegenüber der Muslimbrud­erschaft. Katar ist einer ihrer wichtigste­n Unterstütz­er, Saudiarabi­en sieht die Muslimbrud­erschaft als Gefahr.

Die Staaten werfen Katar Terrorunte­rstützung vor.

Ich glaube, der Vorwurf wird hier nur benutzt, um die Aktion dem Westen zu verkaufen. Dass Katar terroristi­sche Organisati­onen unterstütz­t, ist ein offenes Geheimnis. Dies gilt aber genauso für Saudiarabi­en, das zum Beispiel eine wichtige Rolle bei der Entstehung des IS spielte. Alle diese Staaten unterhalte­n sehr zweifelhaf­te Beziehunge­n zu radikalen Gruppen und zu Terroriste­n, und seit der Anschlagss­erie in Grossbrita­nnien kommt dies auch endlich einmal zur Sprache.

Was ist das Ziel dieser Unterstütz­ung?

Macht und Ideologie. Sowohl Katar als auch Saudiarabi­en hängen einer extremisti­schen Minderheit­sauslegung der isla- mischen Lehre an, dem Wahhabismu­s. Die ist in der ideologisc­hen Auslegung weitgehend identisch mit dem, was auch der IS lehrt. Katar und Saudiarabi­en glauben, durch Unterstütz­ung Einfluss gewinnen zu können.

Was bedeutet der Konflikt für die ganze Region?

Man sieht, dass alle diese Staaten kein Interesse daran haben, den Terrorismu­s zu bekämpfen. Sie tragen Machtkämpf­e untereinan­der aus. Hier sieht man, wie verfehlt die Politik von Donald Trump war. Er ist nach Saudiarabi­en gereist und hat dem Regime volle Unterstütz­ung angeboten. Dabei steht ausser Zweifel, dass Saudiarabi­en das Ursprungsl­and dessen ist, was bei uns in Form von militantem Terrorismu­s immer wieder auf unseren Strassen zuschlägt.

Wie geht es weiter?

Mehrere islamische Länder haben gestern ihre diplomatis­chen Beziehunge­n zu Katar abgebroche­n. Bahrain, Ägypten, Saudiarabi­en und die Vereinigte­n Arabischen Emirate zogen ihr diplomatis­ches Personal aus dem Golfstaat zurück. Später teilten auch der Jemen, Libyen und die Malediven mit, dass man mit Katar nicht mehr auf diplomatis­cher Ebene zusammenar­beiten wolle. Katar wird vorgeworfe­n, islamistis­che und terroristi­sche Gruppen zu unterstütz­en, was Katar bestreitet. Das katarische Aussenmini­sterium sagte, es gebe «keine legitime Rechtferti­gung» für den Entschluss der Länder. Die Amerikaner werden versuchen zu vermitteln. Ich rechne damit, dass Katar einbrechen und einige der saudischen Forderunge­n erfüllen wird.

 ?? AFP ?? Noch vor zwei Wochen hat Trump in Saudiarabi­en das katarische Staatsober­haupt Al-Thani getroffen.
AFP Noch vor zwei Wochen hat Trump in Saudiarabi­en das katarische Staatsober­haupt Al-Thani getroffen.

Newspapers in German

Newspapers from Switzerland