So scheiterte ein Deutscher beim Einbürgerungsgespräch
KREUZLINGEN. Obwohl er Mundart spricht, fällt ein Unternehmer beim Einbürgerungsgespräch durch. Der Deutsche spricht von « Schikane ».
Der Fall der türkischstämmigen Funda Yilmaz ging um die Welt: Sie scheiterte in Buchs AG beim anspruchsvollen Einbürgerungsgespräch, obwohl sie den Staatskundetest locker bestanden hatte. Ähnliches hat M. M.* aus Kreuzlingen TG erlebt. Er lebt seit 16 Jahren in der Schweiz, hat hier die Schule besucht und eine Firma aufgebaut. M.: «Ich dachte, die Einbürgerung sei Formsache.» Es kam anders: Nach der Befragung empfiehlt die Kreuzlinger Einbürgerungskommission, das Gesuch abzulehnen. Der 29-Jährige fühlt sich ungerecht behandelt: «Das Interview war Schikane. Ich wurde mit Fragen bombardiert, die weit über normale Ortskenntnisse hinausgehen.» Im 45-minütigen Gespräch musste er Dutzende Fragen zu Geografie, Politik oder Geschichte beantworten (siehe Box). M. weiss einiges, offenbart aber auch Lücken – etwa, als er die Museen oder reformierten Kirchen im Ort aufzählen soll. Der negative Entscheid kränkt M.: «Es ist enttäuschend, zu hören, man sei hier nicht zu Hause. Ich meine, mehr über die Stadt zu wissen als mancher Kreuzlinger.»
Kommissionspräsident Michael Stahl kann den Fall nicht kommentieren, da das Verfahren läuft. Er betont, dass kaum je ein Gesuchsteller beim Gespräch durchfalle: 2016 waren es von 40 Fällen nur drei. Der Schwierigkeitsgrad der Fragen sei angemessen, die Fragen seien auch nicht so detailliert wie in Buchs. Nun hat der Gemeinderat das letzte Wort.
Im 45-minütigen Einbürgerungsgespräch, das die Stadt Kreuzlingen aufgezeichnet hat, sagt M. zu Beginn: «Ich habe den grössten Teil meines Lebens in der Schweiz verbracht, ich bin hier zu Hause.» Dann muss er unzählige Fragen beantworten. So soll er nach den katholischen Kirchen im Ort die reformierten aufzählen. Er weiss die Namen nicht, beschreibt aber deren Lage. Ein Mitglied der Kommission schreitet ein: Eine der beschriebenen Kirchen sei eine katholische. Dann muss M. mindestens vier Museen nennen. Er kennt nur zwei: «Ich bin kein Museumsgänger», sagt er. Es reiht sich Frage an Frage: «Sagt Ihnen der Begriff ‹Crucelin› etwas?» – es geht um einen Holzsplitter des Kreuzes Christi, das ein Jerusalem-Fahrer im 10. Jahrhundert in die Region brachte und von dem sich der Name «Kreuzlingen» herleitet. M. muss passen. Das Stadtwappen mit dem Bischofsstab kannte er.