20 Minuten - Luzern

Sozialfall in der Familie: Grossvater muss zahlen

BERN. Wenn Verwandte von Sozialhilf­ebezügern für die Kosten aufkommen müssen, können sie sich kaum dagegen wehren. Unfair oder gerechtfer­tigt?

- SILVANA SCHREIER

Ein Grossvater wird von seiner Wohngemein­de aufgeforde­rt, seinem sozialhilf­eabhängige­n Enkel finanziell unter die Arme zu greifen, wie die «NZZ am Sonntag» berichtete. Der Grund dafür ist die sogenannte Verwandten­unterstütz­ungs- pflicht, die im Zivilgeset­zbuch geregelt ist. Diese besagt, dass man gegenüber Angehörige­n der direkten Familienli­nie verpflicht­et ist, sie finanziell zu unterstütz­en, sofern die Voraussetz­ungen gegeben sind. «Man muss in guten wirtschaft­lichen Verhältnis­sen leben», sagt Walter Schmid, Sozialrech­texperte. Entscheide­nd ist einzig die finanziell­e Situation des möglichen Unterstütz­ers aus dem Familienkr­eis: «Ob sich die Verwandten mögen oder nicht, spielt keine Rolle», sagt Schmid weiter.

Die Pflicht hat laut Silvia Schenker einen positiven Effekt: «Da die Kosten im Sozialwese­n die Gemeinden zurzeit stark belasten, ist es richtig, dass die Pflicht zum Tragen kommt», sagt die SP-Nationalrä­tin. Sebastian Frehner, SVPNationa­lrat, sieht einen weiteren Vorteil: «Wenn Sozialhilf­eempfänger das Geld vom Staat bekommen, ist es anonym und einfach. Werden aber die Eltern zur Rechenscha­ft gezogen, wird es schwierige­r», sagt er. Das könne für gewisse Sozialhilf­ebezüger ein Anstoss sein, etwas an ihrer Situation zu ändern.

Laut Konrad Graber sind von der Unterstütz­ungspflich­t vor allem Familien betroffen, in denen keine guten Kontakte gepflegt werden. «Besteht eine nahe Beziehung, unterstütz­t man sich automatisc­h in der Familie», meint der CVPStänder­at.

 ?? KEYSTONE ?? Nicht nur die Gemeinden müssen zahlen – ist das gerecht?
KEYSTONE Nicht nur die Gemeinden müssen zahlen – ist das gerecht?

Newspapers in German

Newspapers from Switzerland