«Vincenz war ein Bankprofi, der VR ein Amateurclub»
BERN. Wie konnte es zu den Fehlern in der Raiffeisen-Aufsicht kommen? Die wichtigsten Fragen und Antworten
Die Finanzmarktaufsicht greift das oberste Führungsgremium der Raiffeisen frontal an (siehe Box). 20 Minuten hat Experten befragt, wie es zu den Mängeln während der Ära Pierin Vincenz kommen konnte:
Was war das Problem im Raiffeisen-VR?
Damit ein Verwaltungsrat (VR) seine Pflicht wahrnehmen kann, müssen er und der CEO auf Augenhöhe agieren. Das war bei Raiffeisen nicht der Fall, sagt Wirtschaftsrechtsexperte Peter V. Kunz zu 20 Minuten: «Bei Raiffeisen gab es seit Jahren ein Machtungleichgewicht zwischen CEO und dem VR.»
Was war der Grund dafür?
Den Grund sieht Kunz in der Zusammensetzung des VR: Er bestand zur fraglichen Zeit aus einem bunten Gemisch aus Professoren, Politikern, Unternehmern und Vertretern aus Raiffeisen-Niederlassungen. Die wenigsten verfügten über vertieftes Bankfachwissen. Das mache eine saubere Überwachung schwierig. «Vincenz war der Bankprofi, der VR ein Bankenamateurclub.»
Was hätte Raiffeisen besser machen müssen?
Es hätte mehr kritische Mitglieder im Verwaltungsrat gebraucht, so Kunz. «Man hätte sicherstellen müs- sen, dass es Verwaltungsräte gibt, die eine Konfrontation mit dem CEO nicht scheuen.» Was kann der VR tun, wenn der CEO nicht spurt?
Dann kann er sich stärker ins operative Geschäft einbringen. Wenn der CEO gegen Weisungen verstösst, muss der VR eingreifen. «Die Massnahmen reichen von einer Verwarnung über eine Bonuskürzung bis hin zur Kündigung», sagt Erich Herzog von Economie
suisse.