Trotz Gefahr: Skifahrer dürfen Pisten verlassen
BERN. Zurzeit kommt es zu vielen Lawinenunfällen. Experten erklären, wer in solchen Fällen haftet.
Die Lawinengefahr im Alpenraum ist erheblich. Trotzdem verlassen Skifahrer die markierten Pisten. «Das ist nicht verboten, aber sehr riskant», sagt Nicolas Kessler von der Beratungs- stelle für Unfallverhütung. Tatsächlich wurden so in den letzten Tagen mehrere Lawinen ausgelöst, Tote und Verletzte waren die Folge. Experten erklären, wer im Fall eines Unglücks haftet.
Etwa 20 Personen sterben in der Schweiz pro Jahr bei Lawinenunglücken. Auch gestern wurde in Zuoz der Leichnam eines Skitourengängers aus einem Lawinenkegel geborgen. Der Slowake war seit Sonntag vermisst worden. Laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) gibt es viele Verletzte durch Lawinen. Doch wer ist haftbar, wenn man sich trotz grosser Lawinengefahr neben die Pisten begibt?
Szenario 1: Du löst eine Lawine aus, Drittpersonen werden verletzt.
Wurde nicht explizit auf die Lawinengefahr hingewiesen, wird der Auslöser im Normal- fall nicht belangt. «Grundsätzlich zahlen dann die Unfallversicherungen der Verunglückten die Rettungskosten», so Lawinenrechtsexperte Fritz Anthamatten. Die Privathaftpflicht decke auch Tourenfahrer, die abseits von Pisten fahren, ergänzt Anna Ehrensperger von der AXA-Versicherung. Szenario 2: Du löst fahrlässig eine Lawine aus, es gibt Opfer. Hat der Auslöser grobfahrlässig gehandelt (das heisst, Warnhinweise komplett ignoriert), kann er zivilrechtlich zur Zahlung der Rettungskosten verurteilt und allenfalls mit einer Anzeige wegen Körperverletzung oder Tötung strafrechtlich belangt werden. Bei grobem Fehlverhalten zahlt die Privathaftpflicht weniger.
Szenario 3: Lawine geht von allein ab und trifft die Skipiste.
Die Bergbahnen sind verantwortlich, dass die Pisten sicher sind. «Gibt es keinen Lawinenverursacher, haften sie. Dafür haben sie eine spezielle Versicherung», so Peter Michel, Leiter Sicherheit in HaslibergMeiringen. Haben die Bergbahnen alle Vorkehrungen getroffen und es kommt dennoch zu einem Unglück, übernehmen die Unfallversicherungen der Opfer die Kosten.
Szenario 4: Bergbahnen haben nicht genug vor Gefahr gewarnt.
Wenn Bergbahnen ihre Sorgfaltspflicht verletzen, können sie laut BfU zur Rechenschaft gezogen werden. Haben sie die Gefahr ungenügend signalisiert oder Pisten nicht gesperrt, müssen sie Schäden selbst bezahlen.