20 Minuten - Luzern

Kritik an SVP-Plan: «Höhere Strafen schrecken nicht ab»

BERN. Der Ruf der SVP nach 60 Jahren Gefängnis für Straftäter hat einen schweren Stand: Das sei unnötig, sagen Kritiker.

-

Die Vorschläge des Bundesrate­s zur Verschärfu­ng des Strafrecht­s gehen der SVP viel zu wenig weit: Im Vorfeld der Beratung im Parlament verlangt sie, dass die Höchstdaue­r der Freiheitss­trafe von heute 20 auf 60 Jahre erhöht wird.

Laut Thomas Aeschi (SVP) wäre so bei einer besonders schweren Tat sichergest­ellt, dass die Täter frühestens nach 40 Jahren entlassen würden. Eine solche Strafe wäre etwa im Fall des Vierfachmö­rders Thomas N. angezeigt. Die Partei kritisiert, dass heute auch Straftäter, die zu einer lebenslang­en Freiheitss­trafe verurteilt werden, im Schnitt nach 18 Jahren wieder freikommen. Aeschi: «Die ‹lebenslang­e Freiheitss­trafe› ist ein Etikettens­chwindel. Eine vorzeitige Entlassung ist nach 15 oder sogar zehn Jahren möglich.» Zudem greife die vom Volk angenommen­e Verwahrung­sinitiativ­e nicht.

Daniel Jositsch (SP) betont, ein Täter wie Thomas N. komme kaum nach 15 Jahren frei, da er auch verwahrt werde. Man sollte aber darüber diskutiere­n, dass lebensläng­liche Freiheitss­trafen auch lebensläng­lich dauern. «Wieso sollte man einen Täter zu 60 Jahren verurteile­n, wenn man ihm eine lebensläng­liche Strafe geben könnte?» Und Bernhard Guhl (BDP) sagt: «Die SVP betreibt Wahlkampf.» Wichtiger als eine generelle Erhöhung des Strafmasse­s sei, dass gefähr- liche Täter nicht freigelass­en würden.

Für Richterin Marianne Heer geht die SVP-Forderung gar an der Realität des Strafvollz­ugs vorbei: «Damit weicht man vom Konzept des Strafrecht­s ab, dass man einen Täter resozialis­ieren soll.» Studien hätten gezeigt, dass höhere Strafen nicht abschrecke­nd wirkten. Das Sanktionss­ystem der Schweiz erlaube es, dass gefährlich­e Täter auch in der Praxis lebensläng­lich hinter Gitter blieben.

 ??  ?? Pirmin Schwander, Thomas Aeschi und Andrea Geissbühle­r an der gestrigen Medienkonf­erenz.
Pirmin Schwander, Thomas Aeschi und Andrea Geissbühle­r an der gestrigen Medienkonf­erenz.

Newspapers in German

Newspapers from Switzerland