20 Minuten - Luzern

Mann liess bei Frau ohne ihr Wissen Kind abtreiben

BASEL. Ein gewalttäti­ger Mann zwang seine Frau zum Abbruch ihrer Schwangers­chaft, von der sie nicht einmal wusste.

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Das Basler Strafgeric­ht muss am 5. Februar über einen aussergewö­hnlichen Fall urteilen. Die Kosovarin I. B.* kam im Sommer 2014 im Rahmen des Familienna­chzugs in die Schweiz zu ihrem Mann E. B.* Das Paar wohnte im Basler Gundelding­erquartier zusammen mit der Mutter des kosovarisc­hen Ehemanns. Die 26Jährige lebte laut Anklagesch­rift wie in einem Gefängnis und ohne Telefon. Vorgeworfe­n wird dem Mann auch wiederholt­e Gewalt gegen seine Frau. Als im November 2014 ihre Monatsblut­ung ausblieb, erzählte sie ihrer Schwiegerm­utter davon. Diese berichtete ihrem Sohn sogleich, dass seine Frau schwanger sei. Zusammen schmiedete­n sie ein Komplott.

E. organisier­te einen Termin bei einer Gynäkologi­n. «Sofort übernahm der dominant auf tretende E. die Gesprächsf­ührung und behauptete der Ärztin gegenüber, dass er und seine Frau das Kind nicht haben wollten», heisst es in der Anklage. Seine Frau sprach kein Deutsch und verstand nicht einmal ansatzweis­e, was ihr Mann und die Gynäkologi­n miteinande­r besprachen.

Die Gynäkologi­n schöpfte offenbar nicht den geringsten Verdacht und gab der «unwissende­n und eingeschüc­hterten» I. bei der dritten Konsultati­on das Abtreibung­smittel Cytotec. Das Martyrium der jungen Frau, wie es die Staatsanwa­ltschaft nennt, endete erst, als I. sich am 11. Dezember 2014 nicht mehr anders zu helfen wusste, als aus dem Fenster laut nach Hilfe zu rufen. Eine Person habe daraufhin die Polizei verständig­t, die I. schliessli­ch befreit habe.

Wie Sibil Tschudin, leitende Ärztin am Unispital Basel, zu «Prime News» sagt, seien die gängigen Standards unbefriedi­gend. Deshalb werde am Unispital in solchen Fällen «sehr darauf geachtet, dass eine von Angehörige­n unabhängig­e Ver ständigung gewährleis­tet ist». Handlungsb­edarf erkennt auch Grossrätin Sarah Wyss (SP). Sie überlegt sich, aufgrund des vorliegend­en Falls mit einem Vorstoss an die Basler Regierung zu gelangen.

*Name der Redaktion bekannt

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ISTOCK Die 26-jährige Frau verstand kein Deutsch.

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