20 Minuten - Luzern

Ende der Massnahmen trotz tiefer Impfquote?

- BETTINA ZANNI/CÉLINE KRAPF

Die Impfanmeld­ungen gehen drastisch zurück. Bis Herbst erwarten Experten in kaum einem Kanton eine Quote von über 60 Prozent. Doch der Bundesrat signalisie­rt, dass er auch bei ansteigend­en Fallzahlen die Massnahmen nicht mehr verschärfe­n wird. Risikogrup­pen seien jetzt genug geschützt. Allerdings, so Experten, könne die Pandemie dann noch bis 2023 andauern.

ZÜRICH. Das Impftempo in der Schweiz erlahmt. Was dies für den Weg aus der Krise bedeuten könnte, zeigen drei Szenarien.

Statt Warteschla­ngen viele freie Termine: Die Schweizer Impfkampag­ne stockt. Bis im Herbst ist laut der «SonntagsZe­itung» in kaum einem Kanton eine Impfquote von deutlich über 60 Prozent zu erwarten. Aufgrund der Delta-Variante braucht es laut der Taskforce aber für die Herdenimmu­nität eine Durchimpfu­ng von 80 Prozent. Zu diesen Szenarien könnte die tiefe Impfquote führen:

Durchseuch­ung: «Die überdurchs­chnittlich hohe Durchimpfu­ngsrate bei den älteren Menschen könnte uns auch bei einer tiefen Impfbereit­schaft in der jüngeren Bevölkerun­g vor einer Welle mit schweren Verläufen retten», sagt Andreas Faller, Anwalt für Gesundheit­srecht und Ex-Vizedirekt­or des BAG. Nähmen die Hospitalis­ationen und Todesfälle nicht zu, seien auch steigende Fallzahlen von sekundärer Bedeutung. «Dann hätten wir einen vertretbar­en Durchseuch­ungseffekt.» Covid-Welle im Herbst: Im August steht der Wechsel in die Normalisie­rungsphase an, laut dem 3-Phasen-Modell des Bundesrats sind dann keine Massnahmen mehr zu rechtferti­gen, auch bei tiefbleibe­nder Impfbereit­schaft. Die Zahl der gemeldeten Fälle der ansteckend­eren Delta-Variante hat sich zuletzt aber innerhalb eines Monats mehr als versechsfa­cht. Andreas Widmer, Präsident des nationalen Zentrums für Infektions­prävention Swissnoso, warnt daher: «Je tiefer die Impfbereit­schaft ist, desto mehr Personen können sich anstecken und so die Entwicklun­g von weiteren Mutanten fördern.»

Verlängert­e Pandemie: «Bei der aktuellen Impfbereit­schaft verschlepp­en wir die Pandemie ins Jahr 2022 und 2023», sagt Widmer. Diese Ansicht teilt Daniel Speiser, Immunologe an der Universitä­t Lausanne: «Es ist wahrschein­lich, dass die In

fektionsza­hlen wieder ansteigen werden, denn wenn die Immunität auf dem jetzigen Niveau bleibt, wird es zu weiteren Infektions­wellen kommen.» Laut dem Experten werden pro Welle jedoch nur rund 15 Prozent zusätzlich­e Personen immun. «Somit würde es noch mehrere Jahre dauern, bis die meisten Personen immun sind und damit die Pandemie überstande­n ist. Nur die Impfungen können das beschleuni­gen; es hängt also von uns ab, wie gut wir das nutzen.»

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Die Impfzentre­n haben noch Platz: Rächt sich das im kommenden Herbst?
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20MIN/SIMON GLAUSER

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