Spiess-Hegglin: Politik droht mit Kürzungen
BERN. Die SVP will Netzcourage mit Vorstössen das Geld streichen. Kritik kommt auch aus der Mitte.
ZÜRICH. Neue Kritik an Netzcourage-Gründerin Jolanda Spiess-Hegglin: Am Freitag postete die ExGrünen-Politikerin auf Twitter weitere Angriffe auf ihre Kritiker. Jetzt fordern Politiker entweder ihren Rückzug aus dem Verein gegen Internethass oder die Kürzung der Bundeszuschüsse. Das Gleichstellungsbüro fordert von Spiess-Hegglin bereits seit Juni eine sachlichere Kommunikation.
Am Freitag berichtete 20 Minuten, dass der Bund Jolanda Spiess-Hegglin, Geschäftsführerin von Netzcourage, wegen eines Twitter-Likes gerügt hatte. Die Zugerin stellte 20 Minuten eine Stellungnahme zur Einschätzung des Eidgenössischen Gleichstellungsbüros in Aussicht. Dieses bezeichnete Spiess’ Auftreten im Netz als «bedenklich» und «nicht hilfreich». Doch am Wochenende meldete sie sich nur via Twitter: Medienberichte nannte sie «erfundene und verdrehte Stories», Kritiker bezeichnete sie als «Schmierfinken». Ihre Unterstützer auf Social Media teilten ebenfalls aus: Den 20-Minuten-Redaktor, der die Mahnung des Bundes per Öffentlichkeitsgesetz verlangt hatte, deckten sie mit Beleidigungen ein. Ein Nutzer fantasierte in Anlehnung an die Köpfungskarikatur von «TagesAnzeiger»-Autorin Michèle Binswanger über weitere «dislozierte Gliedmassen».
Der Bund hat schon seit mindestens Juni Zweifel an seiner Finanzierung des Projekts. Spiess-Hegglins «Art und Weise der Kommunikation auf ihrem persönlichen Twitter-Account entspricht nicht den gebotenen professionellen Standards in der Kommunikation sowie den vom Verein selbst eingeforderten Standards». Am 2. Juli verlangte das Gleichstellungsbüro von Spiess-Hegglin und Netzcourage-Co-Präsidentin Tamara Funiciello in einer Telefonkonferenz, dass sich das ändere. Am 4. Juli likte Spiess-Hegglin das Hinrichtungsmeme.
Jetzt will die SVP dem Verein das Geld streichen. Entsprechende Vorstösse werde SVPNationalrat Andreas Glarner in der Herbstsession einreichen. «Netzcourage verfolgt ein hehres Ziel. Frau Spiess-Hegglin torpediert dieses jedoch und ist nicht mehr tragbar», sagt er. Auch Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter sagt: «Ich beanstande nicht die Institution und das Projekt, sondern nur die personelle Besetzung.»
Netzcourage-Co-Präsidentin Greta Gysin nahm gestern Abend Stellung gegenüber 20 Minuten. Man habe die Mahnung des Bundes zur Kenntnis genommen: «Wir werden weiterhin mit dem Gleichstellungsbüro konstruktiv arbeiten und nach Lösungen suchen, die alle Seiten zufriedenstellen.» Aber Netzcourage sei seit Bekanntwerden der Bundesfinanzierung Opfer einer Kampagne.