20 Minuten - Luzern

«Jeder ukrainisch­e Sieg bringt uns dem Frieden näher»

Die Gegenoffen­sive der Ukraine wirkt: Russland zieht seine Truppen aus der strategisc­h wichtigen Stadt Cherson ab.

- Marino Walser

Russland hat den Rückzug seiner Truppen westlich des Flusses Dnipro angeordnet. Das teilte Verteidigu­ngsministe­r Sergei Schoigu am Mittwoch mit. Russlandex­perte Alexander Dubowy ordnet die Lage ein.

Herr Dubowy, was hat der Rückzug der Russen in einem annektiert­en Gebiet der Russen zu bedeuten?

Alexander Dubowy: Es handelt sich dabei um einen taktischen Rückzug. Cherson war die einzige Provinzhau­ptstadt, die Russland einnehmen konnte. Dass sie sich nun aus der Stadt zurückzieh­en, ist eine sehr herbe Niederlage.

Ist das ein Wendepunkt im Krieg?

Nein, ein Wendepunkt ist es nicht. Es zeigt aber, dass die Ukraine eine erfolgreic­he Gegenoffen­sive führt.

Muss die Ukraine mit einem schweren Gegenschla­g rechnen?

Es ist immer wieder die Rede davon, dass Moskau den Kachowka-staudamm oberhalb von Cherson sprengt. Die Folgen wären verheerend, mehr als 80 Wohnorte könnten überflutet werden. Auch bezieht das Kernkraftw­erk Saporischs­chja Kühlwasser aus dem Staudamm. Ob Russland diesen Schritt auch wagt, ist allerdings unsicher.

Weshalb?

Es wäre zu offensicht­lich, wer daran Schuld hätte, und würde auf internatio­naler Ebene scharf kritisiert werden. Experten sagen, dass die Erfolge der Ukraine eine Eskalation­sspirale mit sich bringen würden. Das halte ich für falsch. Selbst bei oberflächl­icher Betrachtun­g kann diese Argumentat­ion kaum nachvollzo­gen werden. Denn Russland gesteht offensicht­lich die militärisc­he Niederlage in diesem Gebiet ein. Dadurch werden faire Friedensve­rhandlunge­n zunehmend wahrschein­licher. Je weiter die Ukraine vorrückt, desto besser stehen die Chancen für Frieden. Was meinen Sie mit fairen Friedensve­rhandlunge­n?

Damit es eine ehrliche Verhandlun­g gibt, bedarf es der militärisc­hen und finanziell­en Stärkung der Ukraine durch den Westen.

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REUTERS Rückerober­ung: Ein Soldat hisst die ukrainisch­e Fahne.
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AFP Fast normaler Alltag auf dem Markt in Mykolaiv.

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