«Balenciaga überschritt mit Kampagne eine rote Linie»
PARIS. Aufmerksamkeit um jeden Preis? Die neue Werbekampagne des Modelabels ging ziemlich daneben.
Boykottaufrufe wegen Kindern mit Bondage-teddys und angeblichen Gerichtsdokumenten über Kinderpornografie: Das Modelabel Balenciaga hat mit seiner Werbekampagne eine Kontroverse ausgelöst. «Werbung ist ein Balanceakt von Grenzen. Durch Provokation wird versucht, grösstmögliche Aufmerksamkeit zu erreichen», erklärt Marketingexpertin und Psychologin Sarah Seyr.
Balenciaga habe aber über das Ziel hinausgeschossen. Das Label hat sich in der Zwischenzeit von der Kampagne distanziert und angekündigt, gegen die Set-verantwortlichen rechtlich vorzugehen. Laut Seyr liegt die Verantwortung aber bei Balenciaga. «Das Modehaus versucht, einen Teil der Verantwortung auf Ausführende abzuschieben. Doch die Konsequenzen sollte letztlich das
Label selbst tragen.» Sie vermutet, dass dem Label eine letzte Kontrollinstanz fehlt, die Kampagnen vor der Veröffentlichung prüft.
Marketingexperte Felix Murbach sieht es anders: «Balenciaga provoziert oft mit Werbung, um die Umsätze zu steigern. Ich kann mir daher gut vorstellen, dass die Kampagne bewusst so geplant war und das Label damit bewusst provozieren wollte.» Dass das Label nicht bemerkt haben soll, welche Inhalte es verbreitet, sei höchst unwahrscheinlich.
«Eine Kampagne wird in der Regel vor der Veröffentlichung von der Auftraggeberin freigegeben», sagt Murbach. Balenciaga habe mit dieser Kampagne definitiv eine «rote Linie» überschritten. Dadurch leide aktuell der Ruf und die Reputation des Unternehmens. «Idealerweise hätte sich Balenciaga unmissverständlich für den Fauxpas entschuldigen sollen. Die Schuldzuweisungen wirken nicht glaubwürdig und hinterlassen einen fahlen Beigeschmack», so Murbach.