Dank einseitiger Begabung zu Berufung und Erfolg
In Paris wurde Ursula Keller kürzlich für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Ihr Weg dahin war aber nicht immer einfach.
«Im Gymi erfüllte ich das komplette Nerd-paket: Klassenbeste in Mathe, dicke Brille und kurze Haare», erzählt Ursula Keller. Heute ist sie Professorin für Physik an der ETH in Zürich. Sie erinnert sich noch gut an früher. Damals musste sie ihrem Vater beweisen, dass sie das Zeug zum Physikstudium hatte: «Ich war die Einzige aus einer Arbeiterfamilie, die studieren wollte. Das war damals für Frauen nicht sehr üblich.»
1979 trat sie dann ihr Studium an der ETH in Zürich an, wo sie auf Gleichgesinnte traf. Nach fünf Jahren hielt sie ein Diplom in Physik in den Händen. Danach zog es die damals 25-Jährige in die USA, um dort ihren Doktor zu machen. «Die meisten meiner Professoren empfahlen mir, zu bleiben und den Doktor in der Schweiz zu machen. Ich aber wollte weg von hier», sagt Keller.
Im Nachhinein sei dies eine ihrer besten Entscheidungen gewesen. «Wäre ich nicht in die USA, hätte ich meine jetzige Stelle an der ETH womöglich nicht bekommen.» Denn nachdem sie 1989 ihren Doktor in angewandter Physik an der Stanford University in Kalifornien gemacht hatte, ging sie an die AT&T Bell Laboratories, wo sie Sesam erfand. Sesam ist eine Methode zur Erzeugung von ultra-schnellen Lichtimpulsen mittels Lasern, die heute weltweit Industriestandard ist.
«Für mich war der umgekehrte Weg wesentlich einfacher», erzählt Keller. Während die meisten nämlich ihre Karriere in der Grundlagenforschung beginnen, startete sie in der angewandten Physik durch. «Denn hier ist es egal, ob du eine Frau oder ein Mann bist. Wenn du den weltbesten Laser baust, spricht das Produkt für sich selbst.» Andersherum sei es für Frauen immer noch schwieriger, sich gegen ihre männlichen Kollegen zu beweisen. Einen richtigen Grund, wieso es nicht mehr Frauen in den naturwissenschaftlichen Fächer gibt, hat sie in ihrer ganzen Karriere nicht gefunden. Deshalb engagiert sich Keller aktiv und wünscht sich mehr Frauen in diesen Bereichen. Sie selbst habe Glück gehabt: «Ich war schon immer einseitig begabt. Ich konnte gar nicht anders, als mein Leben der Physik zu widmen.»