So geht es Studierenden im Corona-fernstudium
Seit über zwei Monaten sind Tausende Studierende in der Schweiz im Fernunterricht. Wir haben bei einem Direktbetroffenen nachgefragt.
Der Präsenzunterricht an Hochschulen und Universitäten bleibt noch bis mindestens 8. Juni 2020 eingeschränkt. Das bedeutet, dass in der Schweiz aktuell über 250’000 Studierende im
Fernunterricht sind. Wir haben bei einem Direktbetroffenen nachgefragt, wie er die Situation erlebt und ob er allenfalls auch Chancen in der neuen Unterrichtsform sieht.
Luca, du studierst Wirtschaftsingenieur an der Hochschule Luzern. Wie wurde dein Unterricht umgestaltet?
In zwei Fächern hatten wir bereits vor der Corona-pandemie «Flipped Classroom», das heisst, dass wir den Stoff digital selbst erarbeitet haben und im Unterricht dazu dann Fragen stellen konnten. In den Fächern mit normalem Präsenzunterricht geht es von Lernvideos über Leseaufträge bis zu Onlinevorlesungen.
Du hast bewusst ein Präsenzstudium gewählt. Nun ist alles digital. Was sind für dich die Nachteile?
Sicher der fehlende direkte Kontakt mit den Dozierenden und den Mitstudierenden. Dort gibt es einfach mehr Möglichkeiten und mehr Interaktion. Auch ist zu Hause die Ablenkung grösser, die Lernatmosphäre einer Hochschule fehlt in den eigenen Wänden.
Gibt es auch Vorteile in dieser neuen Situation?
Sicherlich die grosse Flexibilität. Ich kann dann arbeiten, wenn ich am produktivsten bin. Da ich an die Hochschule pendle, gibt es auch Zeitersparnisse und ich spare Geld, das ich sonst für Verpflegung und Transportkosten brauche.
Wie erlebst du die digitale Zusammenarbeit?
Gruppenarbeiten finden bei uns momentan praktisch keine statt. Jedoch treffe ich mich regelmässig online mit Studienkollegen zur Besprechung von Aufgaben. Die Produktivität ist sehr unterschiedlich, bei konkreten Fragen sind wir meist speditiv, sonst werden auch schon mal nicht schulische Themen diskutiert.
Bei so vielen neuen Freiheiten stellt sich auch die Frage nach deiner Selbstdisziplin? Manchmal besser, manchmal weniger. Am Morgen brauche ich etwas, um Fahrt aufzunehmen. Vielfach arbeite ich dafür am Abend länger, da ich zu dieser Zeit am produktivsten bin.
Im Vergleich zum Präsenzunterricht: Lernst du mehr oder
weniger?
Ich denke eher weniger, obwohl mehr Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Ich glaube, dass die Inputs der Dozierenden und auch der Mitstudierenden halt so doch etwas verloren gehen. Gerade diese bringen für mich normalerweise gute Lerneffekte.
Freust du dich wieder auf den Präsenzunterricht oder hat das Fernstudium Zukunft? Die Kontakte mit den Mitstudierenden und den Dozenten fehlen mir, auf diese freue ich mich wieder. Vermissen werde ich die Flexibilität. Für mich persönlich wäre eine Mischung zwischen Fernstudium und Präsenzunterricht das Beste. RONNY ARNOLD
Hslu.ch/technik-architektur Bildung-schweiz.ch/topics/bachelor
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