BAG verneint heimliche Durchseuchungspläne
BERN. Die Massnahmen gegen Corona genügen manchen nicht. Sie verdächtigen den Bund einer Strategie der kollektiven Immunität.
Trotz hoher Infektionszahlen hat der Bundesrat seit dem 28. Oktober keine verschärften Massnahmen beschlossen. «Wir haben insgeheim auf Durchseuchung umgeschaltet. Aber kein Regierungsmitglied will es aussprechen», behauptet Twitterer Stefan Flatt. Auch Hernâni Marques ist misstrauisch. Er sehe im jetzigen Vorgehen keine Eindämmungsstrategie, sagt der Informatiker, Soziologe und Petitionär von Stopcovid. «Es wäre absolut skandalös, wenn der Bundesrat heimlich auf eine Durchseuchung des Volks setzen würde, ohne dies transparent zu machen.» Eine Durchseuchung hielte Marques für unverantwortlich. Empört äussert sich auch Simon Gehren vom Projekt «Corona Zero – für eine Schweiz ohne Coronavirus» auf Twitter: «Ich habe nie zugestimmt, durchseucht zu werden.» Laut Verfassung habe jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Der
Bundesrat müsse seine Bürger deshalb schützen.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) stellt auf Anfrage klar: «Die Schweiz verfolgt keine Durchseuchungsstrategie.» Auch die Taskforce lehnt eine Durchseuchung nach wie vor ab. Für den Ethiker und Theologen Heinz Rüegger kommen die Verdachte einer heimlichen Durchseuchung «aus dem Reich der Fantasie». Sei eine solche der Fall, bräuchte es die Übereinstimmung mit Kantonen und wissenschaftlicher Covid-taskforce. Ethisch ist die Idee einer Durchseuchung des Volks laut Rüegger nicht grundsätzlich verwerflich. «Ethisch ist das, was der grössten Anzahl Personen den grössten Nutzen bringt, ohne einzelne unzulässig zu vernachlässigen.» Dass es dabei Opfer gebe, sei nicht zu vermeiden. Auch mit dem bisherigen Vorgehen gegen die Pandemie hätten gewisse Menschen einen hohen Preis zu zahlen, so Rüegger. «Es gibt Menschen, die wegen der Massnahmen ihren Job oder ihr Unternehmen verloren haben. Das ist für sie eine Katastrophe. Über das Ganze gesehen glaubt der Bundesrat jedoch, dass die Massnahmen den grössten kollektiven Nutzen haben.»