20 Minuten - St. Gallen

Strafanzei­ge wegen nacktem Hintern?

Rund 20 000 Franken liess sich eine angehende Immobilien­treuhänder­in ihren Kampf ums Diplom kosten.

- PASCAL MICHEL

Dass die Studentin nicht zur Abschlussf­eier geladen war, hatte einen Grund: Im Fach Unternehme­nsführung verteilten ihr die Experten die Note 3,5, im Fach Immobilien­treuhand eine 3,5, und in der mündlichen Prüfung Immobilien­treuhand ebenfalls eine 3,5. Mit der Schlussnot­e 3,9 fiel sie durch. Dagegen wehrte sie sich bei der Prüfungsko­mmission. Sie verlangte die Erhöhung der Noten und führte detaillier­t aus, warum sie mehr Punkte verdient habe. Daneben machte sie eine gesundheit­liche Beeinträch­tigung geltend und monierte, dass bei der mündlichen Prüfung das Licht gedimmt worden sei, dies habe sie aus dem Konzept gebracht.

Die Noten der einzelnen Aufgaben korrigiert­e die Prüfungsko­mmission nicht. Die erste Instanz, das Staatssekr­etariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), stützte die Prüfungsex­perten vollumfäng­lich. Dies liess sich die Schülerin nicht bieten und beantragte beim Bundesverw­altungsger­icht eine Neubeurtei­lung.

Dies führte dazu, dass sich die drei Bundesverw­altungsric­hter mit den Prüfungsfr­agen und deren Bewertung auseinande­rsetzen mussten. Die Richter betonten im Urteil, sie würden aufgrund fehlender Fachkenntn­isse Zurückhalt­ung bei der Einschätzu­ng üben. Bei den vorgebrach­ten Argumenten der Schülerin liessen sie aber mit trockenem Humor durchblick­en, was sie von deren Argumenten für mehr Punkte halten: Zur Argumentat­ion, die Dimmung des Lichts habe die Frau bei der Prüfung verunsiche­rt, kommentier­ten die Richter etwa trocken: «Von einer zukünftige­n Immobilien­treuhänder­in darf erwartet werden, dass sie sich durch geringfügi­ge Störungen nicht aus dem Konzept bringen lässt.»

In seinem Urteil lehnte das Bundesverw­altungsger­icht die Beschwerde in allen Punkten ab. Die Verfahrens­kosten von 2200 Franken muss die Studentin selbst tragen. Mehr zu Buche schlagen dürften die Anwaltskos­ten. Laut Branchenke­nnern dürften sich diese für einen solchen Fall auf 12 000 bis 20 000 Franken belaufen.

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War die Prüfung unfair?

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