Bam! Erst die Ohrfeige, dann das Vergnügen
Der neue Lexus LC 500 überrascht. Einen derart stilsicheren und emotionalen Gran Turismo hätte man der Marke gar nicht zugetraut.
Lexus baut langweilige Hybridfahrzeuge mit bizarrem Design, und schöne Luxuscoupés kommen aus Deutschland oder England. Wer so denkt, auf den wirkt der spektakulär-futuristische, gleichsam aber elegante LC 500 – Bam! – wie eine Ohrfeige. Nach dem Einsteigen folgt – Bam! – die nächste, denn die Konsequenz, mit der die Japaner jegliches Billigmaterial aus dem Interieur verbannen, sucht ihresgleichen.
Das V8-Grollen beim Druck auf den Startknopf: Bam! Die satte Strassenlage, feinfühlige Lenkung, optimale Gewichtsverteilung sowie die bei der Topversion serienmässige Hinterradlenkung: wieder Bam! Und dann erst die Vehemenz, mit der die 10-Gang-Automatik im Sport-S-Modus die Gänge rein hämmert: Bam-bam-bam!
Das tut weh. Weil umdenken ja immer ein bisschen schmerzhaft ist. Sind die Vorurteile aber erst einmal zerschlagen, präsentiert sich der 477 PS starke Hecktriebler als das, was er wirklich ist: kein aggressiver Sportler, sondern ein vornehmer Reisebegleiter mit perfekt ausgeformten Ledersitzen, harmonisch abgestimmtem Fahrwerk, modernen Assistenzsystemen und einem herrlichen 5,0-LiterTriebwerk, das gelassen vor sich hin grummelt, jedoch bei Überholbedarf sofort mit 540 Nm auftrumpft. Und überhaupt: Grossvolumige, freisaugende V8 sind eigentlich vom Aussterben bedroht. Kaum zu Karosserie: 4,77 Meter langes, 2+2-sitziges Coupé.
Antrieb: 5,0-Liter-V8-Benziner mit 477 PS (351 kW) und 540 Nm. Getriebe: 10-Gang-Automatik (serienmässig). Fahrleistungen: 0–100 km/h in 4,7 Sekunden; 270 km/h Spitze. Verbrauch: 11,5 l/100 km (Werksangabe).
CO2-Ausstoss: 263 g CO2/km (Werksangabe).
Preis: ab 115 900 Fr. (gilt auch für das Hybridmodell 500h).
Lexus.ch glauben, dass ausgerechnet ein Hybridspezialist an der Spezies festhält.
Ein Verrat an den bisherigen Fans der Marke? Nicht wirklich. Als Alternative gibt es noch den V6-Vollhybrid 500h, der den Normverbrauch nahezu halbiert, dank 359 PS Systemleistung aber dennoch keine Langweile aufkommen lässt. Und so ganz können die Japaner das Bizarre ja doch nicht lassen, wenn man gewisse überstylte Designdetails betrachtet oder aus der Bedienung des Infotainment-Systems schlau zu werden versucht. Aber da droht – Bam! – auch schon die nächste Ohrfeige: Der Preis ab 115 900 Franken inklusive ordentlicher Ausstattung ist im Konkurrenzumfeld ein schlagendes Argument. Der LC wird wahlweise von einem V8-Saugmotor oder einer Kombination aus V6-Benziner und E-Motor angetrieben. In der Topausstattung ist neben einer aktiven Vierradlenkung auch ein Carbondach zur Senkung des Schwerpunkts inbegriffen. Im etagenartig aufgebauten Cockpit kommen viel Leder, Alcantara und Alu zum Einsatz. Der Lexus LC findet eine gute Balance zwischen futuristischem Design und traditionellen Stilelementen. Und, hach, so ein V8-Saugmotor ist halt schon etwas Feines. Natürlich gilt ein Verbrauch von über zehn Litern heute nicht mehr als politisch korrekt, anders als bei turboaufgeladenen Downsizing-Antrieben entspricht der Real- aber weitgehend dem Normverbrauch. Wer es sparsamer mag, fährt den LC eben als Hybrid. Ein paar Knöpfe und Schalter weniger wären im Innenraum mehr gewesen. Und das umständliche Infotainment-Bediensystem per Trackpad statt Touchscreen oder wenigstens Dreh-Drückschalter sollten die Japaner auch mal überdenken. Eigens für das neue Lexus-Flaggschiff wurde ein Automatikgetriebe mit zehn statt der üblichen acht oder allenfalls neun Gänge entwickelt. Es reagiert schnell, schaltet ohne abrupte Aktionen und passt gut zum Charakter des Gran Turismo. Genussmenschen mit dem Hang zum Exotischen. Mehr als 50 Exemplare im Jahr dürften vom Lexus LC in der Schweiz nämlich nicht abgesetzt werden. BMW 6er Coupé, Jaguar F-Type, Mercedes E-Klasse Coupé, Aston Martin DB11, Maserati Gran Turismo.