Vergewaltiger zieht in die Nähe seines Opfers
ZÜRICH. Nach seinem Gefängnisaufenthalt zieht ein Vergewaltiger an den gleichen Ort wie sein Opfer – trotz Kontaktverbot.
An jenem Tag brach für M. H.* (35) eine Welt zusammen: Als sie bei der Arbeit auf der Post die Neuzuzüger der Gemeinde registrierte, tauchte der Name H. M.* (34) auf. Der Mann, der sie vergewaltigt und bedroht hatte und zu drei Jahren Haft verurteilt worden war. Nach Haftentlassung zog M. trotz Kontaktverbot ins gleiche Städtchen wie H., keine 140 Meter von ihrem Arbeitsplatz entfernt. «Aber ich tippte weiter. Erst als ich den PC ausgeschaltet hatte, brach ich zusammen», schildert H. den Tag im «Beobachter». Wieso sie nicht über die vorzeitige Haftentlassung ihres Peinigers informiert wurde, bleibt offen.
H.s Martyrium nahm im Dezember 2011 seinen Lauf. Sie lernt M. im Internet kennen, bald folgt die Heirat in dessen nordafrikanischer Heimat. Er zieht nach Graubünden, sie wird schwanger. Es lief gut.
Mit der Geburt der Tochter im Oktober 2012 fingen jedoch die Probleme an: Er stösst sie, wird eifersüchtig, verfolgt sie auf Schritt und Tritt, zwingt sie zu sich ins Bett – manchmal viermal pro Woche, über 40- mal. Sie will nicht, wagt aber nicht, zu widersprechen.
Den Pass der Tochter hat er an sich genommen, und er droht, auch das Kind mitzunehmen. Schliesslich trennt sich H. von M. und erwirkt im September 2014 ein Kontaktverbot, das er ignoriert. M. muss ins Gefängnis, H. zieht um und will neu anfangen. Und jetzt das. M. wohnt nur einen Steinwurf von ihrer Arbeitsstelle entfernt. Sie fühlt sich ohnmächtig, alleingelassen. Ein Brief der Opferhilfe ans Gericht blieb unbeantwortet. Die Polizei sagte: «Wir können erst eingreifen, wenn nochmals etwas passiert.» Derweil steht M. eines Tages plötzlich neben dem Auto, in das H. sich gerade gesetzt hatte. «Das Herz explodierte fast, ich bekam keine Luft», so H. Laut M.s Beistand ist diese Angst unbegründet, er sei jetzt ein besserer Mensch. H. wird ihm bald wieder vor Gericht begegnen. M. will sich das Recht erkämpfen, die gemeinsame Tochter zu sehen.
*Name geändert