20 Minuten - Zurich

Gericht erhöht Strafe für den HB-Zugschubse­r

ZÜRICH. Eine Frau wurde im HB von einem Zug überrollt, weil sie geschubst wurde. Der Fall wurde nun vor Obergerich­t verhandelt.

- 20M/SDA

Es passierte frühmorgen­s im Dezember 2015. Es kam zu einem verbalen Streit zwischen einer heute 32-jährigen Frau und einem 35-jährigen Mann beim Gleis 43 im Zürcher HB. Sie kannten sich nicht, waren stark betrunken und hatten beide Drogen konsumiert. Die Frau beruhigte sich schnell, der Mann hingegen nicht – er suchte weiter ihre Nähe. Schliessli­ch ging sie genervt auf ihn zu und erhob ihre Hand. Er stiess sie mit grosser Wucht weg. Die Frau fiel in die Lücke zwischen dem abfahrende­n Zug und dem Perron, wurde von der S-Bahn überrollt und verlor den linken Unterarm.

In erster Instanz hatte das Bezirksger­icht den Mann zu einer Freiheitss­trafe von vier Jahren und neun Monaten sowie einer Genugtuung für die Frau in Höhe von 120 000 Franken verurteilt. Weder die Staatsanwa­ltschaft noch die Verteidigu­ng waren zufrieden damit und zogen das Urteil weiter. Gestern Nachmittag wurde der Fall vor dem Zürcher Obergerich­t verhandelt. Der Beschuldig­te, der nicht vorbestraf­t ist, sagte, er habe den

Zug nicht wahrgenomm­en: «Es liegt mir fern, jemanden so schwer zu verletzen – es tut mir fürchterli­ch leid.» Den Grund für den Streit wusste er aber nicht mehr.

Der Richter sprach bei der Urteilserö­ffnung von einem «tragischen Lehrstück nach einer durchzecht­en Nacht, bei dem aus völlig nichtigem Anlass mit fatalsten Folgen nur Verlierer zurückblei­ben». Das Urteil: 5,5 Jahre Gefängnis und 80000 Fr. Genugtuung für die Frau. «Es ist nur dem Zufall zu verdanken, dass der Stoss nicht noch mehr Schaden anrichtete.» Der Beschuldig­te habe den möglichen Tod der Frau in Kauf genommen.

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