20 Minuten - Zurich

Chefin zwingt Lehrling trotz Grippe zur Arbeit

- BETTINA ZANNI ZÜRICH. Eine Lernende sollte trotz Grippe zur Arbeit gehen. Sie habe zu wenig krank gewirkt, so der Vorwurf ihrer Chefin.

Die Schuhverkä­uferin T.R. hatte Kopfschmer­zen, Husten und Schluckweh. Der Arzt diagnostiz­ierte eine Grippe und schrieb die junge Frau krank. Doch ihre Chefin wollte das nicht akzeptiere­n und schrieb per SMS: «Ich bin enttäuscht. So krank haben Sie nicht gewirkt.» Sie wisse, wie schnell Ärzte Zeugnisse ausstellte­n. Für die Gewerkscha­ft ist der Fall inakzeptab­el.

Nach zwei Tagen mit Grippe im Bett schleppte sich T.R.* am vergangene­n Mittwoch zur Arbeit. «Ich hatte starke Kopfschmer­zen, Husten und Schluckweh, wollte aber meine Kollegen nicht im Stich lassen», sagt die Lernende Detailhand­el bei einer Schweizer Schuhladen-Kette. Sie sei so schwach gewesen, dass sie die Kunden kaum habe bedienen können. Aufgrund eines Arzttermin­s bat sie ihre Chefin, früher nach Hause gehen zu können. «Sie erlaubte mir dies, verlangte aber, dass ich am nächsten Tag wegen unseres Personalma­ngels wieder zur Arbeit erscheine.» Als ihr der Arzt ein Zeugnis ausstellte, eskalierte die Situation: «Die Chefin schickte mir darauf SMS zurück, in denen sie mich der Lüge beschuldig­te.»

20 Minuten liegen die Mitteilung­en vor. «Sie haben die Situation eiskalt ausgenutzt !!!! », schrieb die Chefin. Sie warf der jungen Frau vor, ihre Gutmütigke­it ausgenutzt zu haben. «Soo krank haben Sie nicht gewirkt.» Sie stelle das ganze Team vor Probleme. «Auf meine Hilfe können Sie nicht mehr zählen.» Für R. überschrei­tet der Betrieb mit dem Krankheits­verbot nicht zum ersten Mal Grenzen. «Nur ganz kurzfristi­g wurde mir mitgeteilt, dass unsere Filiale Ende Februar schliesst und ich deshalb meine Lehrstelle verlieren werde.» Hilfe bei der Lehrstelle­nsuche biete ihr der Betrieb nicht an. «Und jetzt soll ich wegen des Personalma­ngels auch noch krank arbeiten. Ich fühle mich ausgenutzt.»

Das Schuhgesch­äft schreibt, dass man mit der Vorgesetzt­en der Lernenden in Kontakt stehe und die Vorkommnis­se abkläre.

«Die Gesundheit unserer Mitarbeite­nden sowie der respektvol­le Umgang haben bei uns stets höchsten Stellenwer­t», hält die Geschäftsl­eiterin fest. Die Gewerkscha­ft übt Kritik (siehe rechts).

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*Name der Redaktion bekannt Die Chefin machte der jungen Frau Vorwürfe.

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