Chefin zwingt Lehrling trotz Grippe zur Arbeit
Die Schuhverkäuferin T.R. hatte Kopfschmerzen, Husten und Schluckweh. Der Arzt diagnostizierte eine Grippe und schrieb die junge Frau krank. Doch ihre Chefin wollte das nicht akzeptieren und schrieb per SMS: «Ich bin enttäuscht. So krank haben Sie nicht gewirkt.» Sie wisse, wie schnell Ärzte Zeugnisse ausstellten. Für die Gewerkschaft ist der Fall inakzeptabel.
Nach zwei Tagen mit Grippe im Bett schleppte sich T.R.* am vergangenen Mittwoch zur Arbeit. «Ich hatte starke Kopfschmerzen, Husten und Schluckweh, wollte aber meine Kollegen nicht im Stich lassen», sagt die Lernende Detailhandel bei einer Schweizer Schuhladen-Kette. Sie sei so schwach gewesen, dass sie die Kunden kaum habe bedienen können. Aufgrund eines Arzttermins bat sie ihre Chefin, früher nach Hause gehen zu können. «Sie erlaubte mir dies, verlangte aber, dass ich am nächsten Tag wegen unseres Personalmangels wieder zur Arbeit erscheine.» Als ihr der Arzt ein Zeugnis ausstellte, eskalierte die Situation: «Die Chefin schickte mir darauf SMS zurück, in denen sie mich der Lüge beschuldigte.»
20 Minuten liegen die Mitteilungen vor. «Sie haben die Situation eiskalt ausgenutzt !!!! », schrieb die Chefin. Sie warf der jungen Frau vor, ihre Gutmütigkeit ausgenutzt zu haben. «Soo krank haben Sie nicht gewirkt.» Sie stelle das ganze Team vor Probleme. «Auf meine Hilfe können Sie nicht mehr zählen.» Für R. überschreitet der Betrieb mit dem Krankheitsverbot nicht zum ersten Mal Grenzen. «Nur ganz kurzfristig wurde mir mitgeteilt, dass unsere Filiale Ende Februar schliesst und ich deshalb meine Lehrstelle verlieren werde.» Hilfe bei der Lehrstellensuche biete ihr der Betrieb nicht an. «Und jetzt soll ich wegen des Personalmangels auch noch krank arbeiten. Ich fühle mich ausgenutzt.»
Das Schuhgeschäft schreibt, dass man mit der Vorgesetzten der Lernenden in Kontakt stehe und die Vorkommnisse abkläre.
«Die Gesundheit unserer Mitarbeitenden sowie der respektvolle Umgang haben bei uns stets höchsten Stellenwert», hält die Geschäftsleiterin fest. Die Gewerkschaft übt Kritik (siehe rechts).