Haben Bahnbetreiber Lawinenrisiko ignoriert?
CRANS-MONTANA. Der Lawinenniedergang hätte vorhergesehen werden können, sagen Skilehrer. Die Bahnbetreiber trügen am Unglück eine Mitschuld.
Nach der tödlichen Lawine von Crans-Montana hagelt es Kritik an den Bergbahnen: Diese hätten die Gondelbahn zur Piste über den Mittag schliessen müssen. «Die Betreiber waren viel zu naiv», sagt Skilehrer E. B. «Sie haben die Situation komplett falsch eingeschätzt.» Kollegen und selbst Bahnmitarbeiter pflichten ihm bei. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Eine Lawine hat am Dienstag eine Skipiste in Crans-Montana VS verschüttet. Vier Menschen wurden verletzt, ein Pistenpatrouilleur aus Frankreich erlag gestern seinen Verletzungen. Der 34-Jährige hinterlässt eine Ehefrau und zwei Kinder. Er half einer verletzten Person am Pistenrand, als er von der Lawine überrascht und von ihr verschüttet wurde. Samariter erzählen, der Mann sei ein Held: Er habe sich über eine Frau geworfen und diese so gerettet, als die Lawine kam.
Skilehrer E.B.*, der seit 20 Jahren im Gebiet tätig ist, kritisiert die verantwortlichen Bergbahnen. Sie hatten die Bahn zur Piste über den Mittag nicht geschlossen. «In den letzten Tagen wurde es so warm, dass Hangrutschungen zur Tagesordnung gehörten. Die Betreiber waren viel zu naiv», meint B. zu 20 Minuten. Die Bahnen hätten die Situation «komplett falsch» eingeschätzt: «Seit Tagen haben wir Temperaturen wie im Frühling. Dann wird die Gondelbahn zur Piste wegen der prekären Lawinensituation normalerweise abgestellt», sagt er. «Das hätte man unbedingt machen müssen.» Ein anderer Skilehrer kritisiert die Bahn ebenfalls. Und auch ein Skilift-Angestellter sagt zu 20 Minuten, er wundere sich, dass die Bahn nicht abgestellt worden sei: «Die Temperaturen waren an diesem Mittag sehr hoch.» Gleicher Meinung ist Simon Aeschbacher, der seit 25 Jahren regelmässig in Crans-Montana Ski fährt: «Die ersten beiden Februarwochen waren hier so warm wie noch nie.»
Wie Stève Léger, Sprecher der Kantonspolizei Wallis, sagt, ermitteln Staatsanwaltschaft und Polizei. Die Bahnbetreiber wollten sich nicht zu den Unfallumständen äussern. Heute um 14.23 Uhr wird des Verstorbenen mit einer Schweigeminute gedacht.
*Name der Redaktion bekannt