Das Ende des Kalifats: 20 Minuten in Syrien
BAGHUS. Während viele Familien der Jihadisten die letze Bastion der Terrormiliz verlassen, denken die Kämpfer nicht ans Aufgeben.
Immer wieder sind Salven von Maschinengewehren zu hören, Autobomben detonieren. Niemand weiss, wie viele ISKämpfer sich in den Zelten bei der Kleinstadt Baghus verschanzen. Auch ist unklar, wie viele Zivilisten sie als menschliche Schutzschilde missbrauchen – oder ob sie westliche Geiseln festhalten. Quellen vor Ort berichten, dass etwa 5000 Personen auf engstem Raum zusammen mit den IS-Kämpfern eingeschlossen sind. Die Kämpfer beginnen jetzt, ihre Familien wegzuschicken: Vorgestern holten Soldaten der Syrischen Demokratischen Kräfte SDF Frauen und Kinder mit LKWs ab. Viele sind unterernährt und in schlechter Verfassung. «Ein Kilo Zucker kostet 60 Dollar, ein Kilo Brot, aus Sesam und Dreck zusammengebacken, kostet 15 Dollar», berichtet ein Mann, dem vor zwei Tagen die Flucht gelungen ist.
Als die Laster an uns vorbeifahren, sind Dutzende doppelt verschleierte Frauen zu sehen. Die Männer werden ge- trennt abtransportiert. Sie sind älter und unbewaffnet, vereinzelt gehen sie an Krücken. Alle tragen den Bart auf die Länge gestutzt, die der IS vorschreibt. Niemand lächelt.
Die IS-Familien werden zu einem Stützpunkt in der Wüste gebracht. Hier nimmt man ihre Fingerabdrücke ab, auch DNATests kommen zur Anwendung. Weggeworfene Ausweispapiere und Handys machen klar: Es sind viele Ausländer unter den IS-Familien. 20 Minuten hat die ID eines Mannes aus Bosnien-Herzegowina gefunden. Auf der SIM-Karte eines Handys sind Fotos einer blonden Frau mit blauen Augen. Sie könnte Deutsche, Französin, Britin oder Schweizerin sein.