Schweizer IS-Braut: «Holt uns bitte raus!»
ROJAVA. Eine 29-jährige Schweizerin sitzt seit 14 Monaten in syrischer Haft. Gegenüber 20 Minuten fordert sie die Schweiz auf, sie für einen Prozess zurückzuholen.
Ihre zweijährige Tochter kennt nur das Leben in Haft. Seit 14 Monaten wird eine 29-jährige Lausannerin in Syrien festgehalten. Sie soll sich 2015 mit ihrem Mann dem IS angeschlossen haben. Im Gespräch mit 20 Minuten fordert die Frau einen Prozess in der Heimat. «Wenn ich nicht die Rechte einer Schweizerin bekomme, dann entzieht mir die Staatsangehörigkeit!»
Hohe Drahtzäune umfassen das Camp Roj auf rund 400 mal 300 Metern. Zwischen den Reihen von weissen Zelten verwandeln sich die staubigen Gassen bei Regen in Schlammflüsse. Von einem Wachturm überblicken bewaffnete Kämpferinnen der kurdischen Frauenverteidigungseinheiten das Areal.
Als Selina* (29) hier in den Interview-Raum geführt wird, will sie erst nicht mit 20 Minuten sprechen. «Was soll das denn noch?», fragt sie mit Frustration in der Stimme. Seit 14 Monaten sitzt die Lausannerin mit bosnischen Wurzeln im Norden Syriens im Camp Roj, einem von den Kurden geführten Internierungslager für mehrheitlich ausländische ISFrauen und ihre Kinder.
Auch Selinas Tochter ist hier, die zweijährige Anja*, ein blondes Mädchen mit blauen Augen, süss und aufgeweckt. Im Gegensatz zu ihrer Mutter weiss sie nicht, dass es ein Leben ausserhalb des Camps gibt – und von der Schweiz hat die Kleine keine Ahnung.
«Was habe ich denn in der Schweiz verbrochen?», fragt Selina, und ihre Stimme wird lauter: «Ich habe meine Steuern bezahlt, ich habe die Gesetze respektiert, ich habe niemanden terrorisiert.» Im Gegenteil: «Wer wie ich das Leben in Syrien kennen gelernt hat, denkt sicher nicht an Anschläge in der Schweiz. Dann weiss man das Leben in der Schweiz zu schätzen.»
Die Diskussion, die die Schweiz derzeit über IS-Rückkehrer führt, findet sie scheinheilig: «Ich bin Schweizerin, oder nicht? Also holt uns zurück! Die Schweiz ist doch ein Rechtsstaat, in dem die Unschuldsvermutung gelten sollte. Wenn ich nicht wie eine Schweizerin mit all ihren Rechten behandelt werde, dann entzieht mir die Staatsangehörigkeit!»
*Name von der Redaktion geändert