Sprachnachrichten boomen – wegen Angst vor Telefonieren
ZÜRICH. Viele Jugendliche telefonieren kaum mehr – einige haben regelrecht Angst davor.
Stirbt das klassische Telefonieren bald aus? Fast jeder dritte Jugendliche im Alter zwischen 12 und 19 Jahren nutzt mittlerweile die Telefonie-Funktion seines Smartphones nie oder selten, so die James-Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Ein «beeindruckendes Ergebnis», sagt Michael In Albon, Jugendmedienschutzbeauftragter der Swisscom. Schliesslich sei das eine zentrale Funktion.
Philippe Wampfler, Experte für Lernen mit neuen Medien, sagt: «Die Leute sind telefoniermüde.» Für komplexere Themen seien Nachrichten angenehmer. Er rechne mit einer Verlagerung der genutzten Kommunikationsmittel (siehe unten). In Albon sagt, das Telefonieren habe Vorteile: «Es werden paraverbale Informa- tionen übertragen, die bei einem geschriebenen Text verloren gehen.» Emotionen oder Stress seien hörbar. Er glaube deshalb nicht, dass das klassische Telefonieren aussterbe.
Viele haben aber regelrecht Angst vor dem Telefonieren. So berichtet eine Autorin von «Zeitjung» von zittrigen Händen, wenn sie nur schon eine Nummer wählen muss. Sebastian Olbrich vom Zentrum für Soziale Psychiatrie an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich sagt, viele hätten Angst, etwas Falsches zu sagen. Zudem könne man Reaktionen schlechter abschätzen. Er empfehle, sich vor einem Anruf vorzustellen, was im schlimmsten und was im besten Fall passieren könne. «Stellt man sich den Ängsten, werden sie meist kleiner.»